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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, bei einem Besuch des Kernkraftwerks Isar 2.

© dpa/Peter Kneffel

Update

Grüne weisen AKW-Pläne in Bayern zurück: „Da wirft sich Söder hinter einen abgefahrenen Zug“

Ministerpräsident Söder (CSU) will das jetzt abgeschaltete AKW Isar 2 weiter laufen lassen. Kritik daran kommt von den Grünen und dem Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung.

| Update:

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder möchte nach eigener Darstellung Atomkraftwerke wie den abgeschalteten Meiler Isar 2 in Landesverantwortung weiter betreiben. Vom Bund verlangt er dafür eine Änderung des Atomgesetzes.

Bayern fordert deshalb vom Bund eine eigene Länderzuständigkeit für den Weiterbetrieb der Kernkraft. Solange die Krise (bei der Energieversorgung infolge des Ukraine-Kriegs) nicht beendet und der Übergang zu den Erneuerbaren nicht gelungen ist, müssen wir bis zum Ende des Jahrzehnts jede Form von Energie nutzen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Bayern sei dazu bereit.

Bayern will Vorreiter in der Forschung zur Kernfusion werden

Bayern wolle zudem als Vorreiter in die Forschung zur Kernfusion und den Bau eines eigenen Forschungsreaktors einsteigen, bekräftigte Söder. Dies könne gern in Zusammenarbeit mit anderen Ländern geschehen. Zudem brauche es dringend eine nationale Forschungsstrategie für eine Nutzbarkeit des Atommülls.

Man sei es künftigen Generationen schuldig, nicht nur über ein Endlager in ferner Zukunft zu diskutieren, sondern auch innovative Pläne für eine verantwortungsvolle und technologische Lösung zu entwickeln.

Verlängerung der Kernenergie nach Wahlsieg der Union

In einem am Donnerstag erschienenen Interview mit „Focus online“ hatte Söder die Abschaltung der letzten drei AKWs in Deutschland kritisiert und erklärt, das ergebe zu diesem Zeitpunkt aus pragmatischen Gründen keinen Sinn. Auf die Frage, wie er diesen Prozess noch stoppen wolle, hatte er gesagt, sollte die Union die nächste Bundestagswahl gewinnen,sollte es eine Verlängerung der Kernenergie geben“. Im Oktober wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt.

Es kann als ausgeschlossen gelten, dass die Ampel-Koalition auf Söders Forderung eingeht. Denn dann wäre unter anderem die Frage der Endlagerung des in Bayern weiter produzierten Atommülls gesondert zu klären. Bei der bundesweiten Suche nach einem Endlager für den bisher angefallenen Atommüll steht Bayern bereits jetzt auf der Bremse, sobald es um eine Lösung auf dem Gebiet des Freistaats geht.

 Da wirft sich Söder mit großer Geste hinter einen abgefahrenen Zug.

Jürgen Trittin, früherer Bundesumweltminister (Grüne)

Die Grünen wiesen Söders Forderung als reine Parteitaktik zurück. „Da wirft sich Söder mit großer Geste hinter einen abgefahrenen Zug“, sagte der Bundestagsabgeordnete und frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) dem „Tagesspiegel“. Er folge dabei dem Motto „Das fordere ich, weil die Ablehnung gesichert ist“.

„Seit gestern ist die Berechtigung zum Leistungsbetrieb unwiderruflich erloschen“, betonte der Grünen-Politiker. „Das kann auch eine nachträgliche Änderung des Atomgesetzes nicht heilen. Die Zuständigkeit für die Kernenergie liegt nach dem Grundgesetz beim Bund. Die Länder führen das Atomgesetz nur im Auftrag des Bundes aus.“

Dies gelte auch in Bayern – selbst zu Wahlkampfzeiten. „Wenn eine Änderung von Gesetzen Sinn macht, dann wäre es ein Zusatz zur Bayerischen Landesverfassung, wonach in Bayern produzierter Atommüll in Bayern endgelagert werden muss“, fügte Trittin hinzu.

Ein bisschen Seriosität muss man doch auch von Markus Söder erwarten können.

Britta Haßelmann, Grünen-Bundestagsfraktionschefin 

Grünen-Bundestagsfraktionschefin Britta Haßelmann bezeichnete Söders Forderung als „durchsichtiges Wahlkampfmanöver“. Wenn Söder den Rückbau eines Atomkraftwerks verhindern oder verzögern wolle, müsse geprüft werden, „ob das nicht Haftungsansprüche gegenüber dem bayerischen Umweltministerium auslöst“, erklärte sie.

„Ein bisschen Seriosität muss man doch auch von Markus Söder erwarten können“, sagte Haßelmann. „Statt rückwärtsgewandte Debatten zu führen, wäre Söder gut beraten, in Bayern jetzt endlich den Turbo beim Ausbau der Windkraft und Stromnetze einzulegen und endlich auch Verantwortung für die Endlagersuche für den atomaren Müll zu übernehmen.“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat den Vorstoß zurückgewiesen. „Es ist geradezu bedrückend, wie ein Ministerpräsident genehmigungs- und verfassungsrechtliche Fragen und Aspekte der nuklearen Sicherheit so leichtfertig ignoriert“, sagte die Grünen-Politikerin der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). „Die Zuständigkeit für die Atomkraft liegt nach dem Grundgesetz beim Bund. Deshalb können die Länder die Überwachung der Atomkraftwerke nur in Bundesauftrag vornehmen“, machte Lemke deutlich.

Bundesamt kritisiert Bayerns Forderung nach AKW-Hoheit für Länder

Das Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BASE) hat die bayerische Forderung kritisiert, abgeschaltete Atomkraftwerke in Landesverantwortung weiterzubetreiben. „Die heutigen Forderungen des Bayrischen Ministerpräsidenten unterstreichen, wie wichtig es ist, dass die politische Verantwortung für die nukleare Sicherheit in Deutschland bei der Bundesregierung liegt“, sagte Präsident Wolfram König am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.

„Bundestag und alle Bundesländer einschließlich Bayern haben sich nicht nur auf den Ausstieg aus der Kernenergie verständigt, sondern auch die Endlagersuche nach wissenschaftlichen Kriterien auf den Weg gebracht.“ Der geforderte Sonderweg Bayerns widerspreche geltendem Recht und gefährde die Endlagersuche. (Tsp, dpa, Reuters)

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