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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, gibt nach dem Sonder-Koalitionsausschuss ein Statement zum Fall des stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger.

© dpa/Peter Kneffel

Söder erhöht in Aiwanger-Affäre den Druck: Eine klare Warnung, eine Distanzierung – und ein Treueschwur

Auf eine Entlassung seines Vize Aiwanger verzichtet Bayerns Ministerpräsident Söder – vorerst. Aiwanger muss nun 25 Fragen schriftlich beantworten.

Ernst ist die Miene, die Markus Söder aufgesetzt hat. Kein Lächeln, kein spöttisches Grinsen, nicht einmal ein spitzbübischer Blick. Ein karges Rednerpult ist aufgebaut im Münchner Prinz-Carl-Palais. An diesem Dienstagmittag ist nur Platz für einen: Söder (CSU) nämlich, nicht noch für einen zweiten Redner. Söder tritt ohne seinen Vize und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vor die Medien.

„Nur ein Statement“ werde „Ministerpräsident Dr. Markus Söder“ geben, sagt ein Sprecher, keine Fragen also beantworten. Was offiziell als „Pressekonferenz zu den wesentlichen Ergebnissen des Koalitionsausschusses und der Ministerratssitzung“ angekündigt ist, entpuppt sich als zweierlei: als eine klare Warnung an Aiwanger, eine Distanzierung – und als ein Treueschwur; nicht Aiwanger gegenüber, sondern dessen Partei, den Freien Wählern. Söder sichert sich ab.

Die dreckigste Affäre in Söders Amtszeit

Kaum sechs Wochen vor der bayerischen Landtagswahl erlebt der bayerische Ministerpräsident die dreckigste Affäre seiner Amtszeit. Da muss er einerseits Tatkraft und Entschlossenheit zeigen, will aber andererseits nicht noch mehr Porzellan zerschlagen, als ohnehin schon zerschlagen ist. Es geht um nicht weniger als ein antisemitisches Flugblatt – und die Frage, was Aiwanger damit vor 35 Jahren zu tun hatte.

Söder muss beweisen, dass er das Heft des Handelns in der Hand hält, nicht zum Getriebenen wird. So sagt er, er habe Aiwanger „einbestellt“ zu diesem Sonder-Koalitionsausschuss, „um einen persönlichen Eindruck zu gewinnen“. Die ungewohnt wenigen Worte, die Aiwanger zu dem Flugblatt gefunden hat, hat er weitgehend schriftlich formuliert. Das „Hetz-Flugblatt“, sagt Söder, sei „übelster Nazi-Jargon“. Hinter der Sprache stecke eine Energie, die mehr offenbare als ein dummer Jungen-Streich oder eine Jugendsünde.

Söder will „keine Restzweifel, keine Hängepartie“

„Die Vorwürfe wiegen schwer“, sagt Söder mit fester Stimme, allein der Verdacht (dass Aiwanger hinter dem Papier steckt) beschädigten Bayern und „die persönliche Glaubwürdigkeit“ Aiwangers. Es dürfe nun „keine Restzweifel, keine Hängepartie“ geben. Als Ministerpräsident habe er die Verantwortung, „fair, objektiv, seriös“ zu bewerten und abzuwägen, versucht Söder den über-parteilichen Staatsmann zu geben: „Es muss eine klare Distanzierung von dem Dreck erfolgen.“

Im Koalitionsausschuss hat Aiwanger in dieser Hinsicht, so muss man Söder verstehen, zu wenig geliefert. „Es blieben und bleiben viele Fragen offen“, sagt Söder. Aiwanger solle nun die Gelegenheit bekommen, 25 schriftlich fixierte Fragen zu beantworten. Statt seine geliebten Bierzelt-Auftritte zu absolvieren, muss Aiwanger jetzt also präzise und politisch wasserdichte Antworten geben. Ob ihm das gelingt?

Allzu schnell aber will Söder den Stab über Aiwanger nicht brechen. Eine Entlassung wäre ein „Übermaß“. Doch der Umstand, dass er darauf verzichte, sei „kein Freispruch, kein Freibrief“.

Es darf jetzt auch nix mehr dazukommen.

Markus Söder (CSU), bayerischer Ministerpräsident

Söder lobt Arbeit mit Freien Wählern

Söder ist lange genug im politischen Geschäft und weiß: Oft genug ist der miserable Umgang mit Skandalen am Ende der eigentliche Skandal. Nur eine Halbwahrheit in der Krisen-Kommunikation kann Aiwanger seine Ämter kosten. Söder formuliert das so: „Es darf jetzt auch nix mehr dazukommen.“

Die Zusammenarbeit mit den Freien Wählern (FW) sei „gut“ und er wolle sie fortsetzen, sagt er, anspielend auf die Zeit nach der Landtagswahl am 8. Oktober. Und dann hat Söder noch eine kleine Warnung für Aiwanger öffentlich parat: „Koalitionen hängten auch nicht an einer einzigen Person.“ Auf Hochdeutsch: CSU und FW können im Zweifel auch ohne Aiwanger regieren.

Eine Koalition mit den Grünen hatte Söder ja im März faktisch ausgeschlossen. In der Union wird Söder immer wieder eine gewisse Wendigkeit diagnostiziert. Er könnte am Ende auch mit Grünen oder der SPD. Aber für heute, schließt Söder seinen kurzen, ernsten Auftritt, mit den Worten: „Der Ball liegt bei den Freien Wählern und Hubert Aiwanger.“

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