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Geht gut gelaunt nach dem Corona-Marathon-Gipfel: Die Kanzlerin. Hier am Donnerstagvormittag im Bundestag.

© imago images/Future Image

So viel Öffnung ist es gar nicht: Ist sie eingeknickt? Nein, Merkel hat bekommen, was sie wollte

Nach dem Corona-Gipfel heißt es, Angela Merkel habe ihre Strategie geändert. Hat sie gar nicht. Sie ist wieder allen voraus und beweist Gespür. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ein Plan, ein Plan - und nicht locker lassen. So sieht’s aus nach dem großen Corona-Gipfel, der auch Vorwahlkampfgetümmel war: Soll mal lieber keiner Markus Söder ärgern; der Bajuware kann immer noch holzen, so viel Süßholz er sonst auch immer raspelt. Wobei das ja eher in Richtung Grüne geht.

Diesmal war es SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz, auf den er zielte. Der solle sich mal nicht als Kanzler aufspielen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt... Nur dass Scholz nicht so „schlumpfig herumgrinsen“ soll - das hatte was. Nicht einmal die Genossen werden sich da ein Grinsen verbeißen können. Mehr zum Lachen ist aber auch nicht.

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Kanzlerin Angela Merkel hat gar nicht wirklich eingelenkt, wie Öffnungswillige und nicht zuletzt Sozialdemokraten glauben machen wollen. Sie hat ihre 50er Inzidenz weitenteils gehalten bei all den verheißenen Öffnungsschritten.

Merkel wusste doch, dass sie die 35 nicht würde erhalten können. „No Covid“ ist schließlich vorbei. Aber mitsamt der Notbremse bleibt es bei einem ziemlich deutlichen Lockdown.

Wer zu viel verlangt, bekommt zum Schluss gar nichts

Dass alle Dämme brechen - nicht mit der Kanzlerin. Merkels Trick ist doch, dass sie nicht nur immer tief in Details geht (was die Leute so ermüdet, die mit ihr verhandeln, dass sie nicht immer alle aufpassen), sondern die dann auch regelt. So ist wieder ein Bürokratiemonster entstanden, bei dem am Ende die Leute auf der Straße bestenfalls wissen: unter 50 geht’s aufwärts.

Den Rest erarbeitet sich jede:r bei Bedarf, Friseur, Blumen, anderes. Und dass die Außengastronomie bald öffnet, wer glaubt das schon. Allerdings: Es war knapp.

Denn es ist wie bei Verhandlungen, die Rechtsanwälte mit Gläubigern führen - wer zu viel verlangt, bekommt zum Schluss gar nichts. Die Inzidenz 50 war das, worauf sich die Kanzlerin quasi mit den Bürgern verständigt hatte. So viele haben sich bemüht, dass sie vielerorts wahr wurde; das mitzutragen, war gewissermaßen das Angebot der Bevölkerung.

Als Merkel dann mit der 35 kam, also draufsattelte, gab es einen Riss. Oder jedenfalls fast. Denn sie ging zurück auf die 50 - und hat sie damit gerettet. Nur wird auch das nicht mehr ewig so gehen, dieses Große im Kleinen.

[Mehr zum Thema: Rekonstruktion von Merkels Corona-Kehrtwende - „Wildes Gekläffe, vom Kanzleramt bis nach Bayern und zurück“ (T+)]

Die Leute haben tatsächlich "die Schnauze voll" (Hessens Regierungschef Volker Bouffier), auch deshalb, weil die Inzidenz längst nicht mehr das allein Seligmachende ist. Das wären vielmehr die Schnelltests und das Impfen, Impfen, Impfen. Deshalb soll eine Taskforce die Schnelltestnummer forcieren.

Bloß: Einer pro Woche gratis für jede:n, ob das so schnell geht? Sind überhaupt ausreichend bestellt? Und wer richtet die Testzentren ein, wo sind sie, wer betreibt sie? Das alles ist offen. Die Taskforce muss überhaupt erst noch gebildet werden. Schlecht für den Gesundheitsminister Jens Spahn, der wieder einmal als derjenige dasteht, der nicht liefert, besser für die Kanzlerin.

Unklar ist auch noch, wie die Einbeziehung der Haus- und Fachärzte ins Impfen laufen soll: Ab wann genau? Wer mit welchem Impfstoff? Wie wird in den Praxen abgerechnet und die Impfung dokumentiert?

Ohne Schnelltests wird es mit weitgehenden Lockerungen allerdings schwieriger. Vom Impfen mal zu schweigen. Nicht unwahrscheinlich also, dass es wieder einmal beim Plan der Kanzlerin bleibt. Über den März und die Osterferien hinaus.

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