zum Hauptinhalt
Zerstörte Militärfahrzeuge in der Stadt Rubischne bei Sjewjerodonezk.

© REUTERS/Alexander Ermochenko

Hohe Verluste bei beiden Kriegsparteien: Sjewjerodonezk wohl zu 80 Prozent unter russischer Kontrolle

Die Kämpfe in der ostukrainischen Stadt befinden sich in der Entscheidungsphase. Bei ihrem Feldzug rücken die russischen Truppen offenbar gezielt von Süden vor.

Die russischen Truppen erobern Gebäude für Gebäude die strategisch wichtige Industriestadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine. Sie kontrollierten mittlerweile „80 Prozent der Stadt“, erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, in der Nacht auf Donnerstag.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]

„Der Gegner führt Angriffe in der Ortschaft Sjewjerodonezk durch“, bestätigte später auch der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht. Wie viele Bezirke der einstigen Großstadt die Ukrainer noch halten, ist unklar.

Schon am Mittwoch hatten die Russen das Stadtzentrum eingenommen. Gefechte in den Vororten Bobrowe und Ustyniwka hätten den russischen Truppen trotz Unterstützung durch Granatwerfer aber keinen Erfolg gebracht, hieß es nun im Lagebericht.

Dafür räumen die ukrainischen Militärs der russischen Offensive in Komyschuwacha zumindest „teilweise Erfolg“ ein. Die städtische Siedlung liegt südlich der Großstadt Lyssytschansk, dem nächsten Etappenziel der Russen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Lyssytschansk und Sjewjerodonezk werden nur durch den Fluss Siwerski Donez getrennt und bildeten vor dem Krieg zusammen einen Ballungsraum von 380.000 Einwohnern.

„Wir verlieren täglich 60 bis 100 Soldaten“

„Die Situation im Osten ist wirklich schwierig“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem US-Sender Newsmax in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview. „Wir verlieren täglich 60 bis 100 Soldaten, die im Kampf getötet werden, und etwa 500 werden verwundet.“

Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj erklärte in der Nacht zu Donnerstag, dass seine Soldaten in Luhansk mit der derzeit „schwierigsten Situation“ konfrontiert seien.

Mehr zum Ukraine-Krieg auf Tagesspiegel Plus:

„Der Feind hat einen operativen Vorteil in Bezug auf die Artillerie“, räumte er laut Kiew in einem Telefongespräch am Mittwoch mit seinem französischen Kollegen Thierry Burkhard ein.

Saluschnyj plädierte dafür, seine Truppen „so schnell wie möglich“ auf Waffentypen der Nato umzustellen. „Das würde Leben retten.“ Die Ukraine hofft auf die kürzlich von US-Präsident Joe Biden versprochenen Mehrfachraketenwerfer, die eine größere Reichweite und Präzision versprechen.

Brückenverteidigung als Schlüsselaufgabe

Auch nach britischer Einschätzung haben die russischen Truppen den Großteil von Sjewjerodonezk eingenommen. Unterstützt von heftigen Artillerieangriffen machten die Streitkräfte örtliche Geländegewinne, teilte das Verteidigungsministerium in London mit.

[Alles Wichtige zum Krieg in der Ukraine lesen Sie hier in unserem Newsblog.]

Dem Bericht unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse zufolge erlitten die russischen Truppen jedoch Verluste. Die Hauptstraße in die Stadt hinein werde vermutlich noch von ukrainischen Einheiten gehalten, hieß es.

Demnach gibt es mehrere Stellen, an denen Russland erneut versuchen könnte, den Fluss Siwerski Donez zu überqueren, der eine natürliche Verteidigungslinie der ukrainischen Truppen darstellt. Schon mehrfach hat das russische Militär im Laufe des Feldzugs mit Schwimmbrücken erfolglos versucht, den Fluss zu überqueren.

Nun solle der Angriff von Süden her die russischen Streitkräfte davor bewahren, den Siwerski Donez überqueren zu müssen, meinen die Militärexperten des Institute for the Study of War (ISW) in ihrer jüngsten Analyse dazu. Hätten die russischen Streitkräfte dort Erfolg, könnten sie das Gebiet Luhansk sichern und sich stärker auf das angrenzende Gebiet Donezk konzentrieren, betonte das britische Verteidigungsministerium.

Beide potenziellen Stellen zur Flussüberquerung - zwischen Sjewjerodonezk und der Nachbarstadt Lyssytschansk sowie nahe der kürzlich eroberten Stadt Lyman - seien aber weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Die Ukrainer hätten mehrere Brücken zerstört, um den Russen ihren Vormarsch zu erschweren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

London geht davon aus, dass die russischen Truppen mindestens eine kurze taktische Pause benötigen, um eine Flussüberquerung und weitere Angriffe im Gebiet Donezk vorzubereiten. Dort hätten die ukrainischen Einheiten Verteidigungspositionen vorbereitet. Damit aber drohe die russische Offensive an Schwung zu verlieren.

Offenbar ukrainische Teilerfolge bei Slowjansk

Ein weiterer Versuch einer Flussüberquerung ist laut dem ukrainischen Generalstab vor der Großstadt Slowjansk gescheitert. Dort hätten russische Truppen aus Lyman kommend versucht, die Ortschaft Raihorodok am Siwerski Donez einzunehmen, seien aber zurückgeschlagen worden.

Der Raum Slowjansk-Kramatorsk ist die Operationszentrale der ukrainischen Streitkräfte im Donbass. Vor dem Krieg lebten in dem Ballungsraum rund eine halbe Million Menschen.

An anderen Frontabschnitten blieb es demnach vergleichsweise ruhig. Das ukrainische Militär berichtet allerdings von anhaltendem russischen Artilleriefeuer auf die Verteidigungslinien im Donbass. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen. (dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false