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Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich

© Olivier Matthys/AP Pool/dpa

Vorwürfe, Sticheleien und Gelächter: „Sie können mich für verrückt halten, aber selbst Angela ist auf meiner Seite“

In der Nacht des vierten Verhandlungstags näherten sich die EU-Staatschefs an. Vorher hatte Frankreichs Präsident Macron auf den Tisch gehauen.

Trotz heftiger Diskussionen bis in die frühen Morgenstunden beim EU-Gipfel scheint eine Einigung zum Corona-Hilfsfonds in Reichweite. Die Regierungschefs Österreichs und der Niederlande, Sebastian Kurz und Mark Rutte, zeigten sich am Montagmorgen zufrieden mit den Verhandlungen. Der Widerstand dieser beiden sowie der skandinavischen EU-Mitglieder gegen die Vergabe der Corona-Hilfen gilt als Knackpunkt in den mittlerweile viertägigen Verhandlungen.

Auch die Frage, wie die Hilfsgelder unter den Ländern verteilt würden und über die Möglichkeit einer Bestimmung, die es dem Europäischen Rat erlauben würde, mit einer Mehrheit den Fluss der Gelder in ein Land zu blockieren, das sich nicht an die Rechtsstaatlichkeit hält. Besonders Ungarns Regierungschef Orbán sträubt sich gegen diesen Punkt.

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Die Verhandlungen seien zwar noch nicht fertig, „aber wir können sehr zufrieden sein“, sagte Kurz. Er hob hervor, dass der Anteil der Zuschüsse in dem geplanten 750 Milliarden Euro schweren Fonds deutlich gesenkt wurde. Auch dass die Rabatte, die Österreich auf seine Beiträge in den Gemeinschaftshaushalt erhält, „sehr stark“ gestiegen seien, stimmte den Kanzler zuversichtlich, eine Einigung zu erzielen.

Ähnlich äußerte sich der Niederländer Rutte. Es habe „einige Fortschritte“ gegeben. Am Sonntagabend noch sei er von einem Scheitern der Gespräche ausgegangen, „aber es sieht etwas hoffnungsvoller aus“.

Bereits in der Nacht zum Sonntag hatte es bei den seit Freitag andauernden Verhandlungen heftige Diskussionen gegeben. Gespräche in kleineren Gruppen über den Sonntag brachten dann keinen Durchbruch. In den vergangenen nächtlichen Verhandlungen tat besonders Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dann seinen Unmut über die Haltung der „sparsamen“ Länder Österreich, Niederlande, Dänemark, Schweden sowie Finnland kund.

Ärger über Macron: „Ihm ist alles egal!“

„Er hat auf den Tisch gehauen und gewarnt, dass eine derartige Haltung schlecht enden wird“, sagte ein Mitglied der Delegation eines EU-Landes. Macron habe ihnen unter anderem vorgeworfen „egoistisch“ zu sein, berichtete ein Zeuge der Verhandlungen.

Politico zitiert den französischen Staatschef so: „Sie nehmen den Platz Großbritanniens hier am Tisch ein!“ Ein Affront gegenüber den „Sparsamen“. „Sie können mich für verrückt halten, aber selbst Angela ist auf meiner Seite“, soll Macron hinzugefügt haben – und Gelächter ausgelöst haben, selbst Merkel soll gelacht haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, verteidigen den 750-Milliarden-Fonds.

© dpa

Auch stauchte er demnach Kurz zusammen, als dieser sich erhob, um außerhalb des Raumes ein Telefonat entgegen zu nehmen. „Ihm ist alles egal, er hört anderen nicht zu, er hat eine schlechte Einstellung“, soll Macron gesagt haben.

„Sehr professioneller Umgang“ trotz blanker Nerven

Rutte tat die Kritik ab. „Mir ist das nicht so wichtig“, sagte er im Anschluss. Er lasse sich davon nicht „ablenken“. Kurz hob den insgesamt „sehr professionellen“ Umgang aller miteinander hervor. „Dass da bei manchen, wenn sie vielleicht wenig schlafen, irgendwann die Nerven blank liegen, das ist nachvollziehbar.“

EU-Ratspräsident Charles Michel unterbrach die Verhandlungen schließlich am frühen Morgen. Bis zum Nachmittag werde er einen neuen Kompromissvorschlag vorlegen, der dann den Durchbruch bringen soll, hieß es aus Verhandlungskreisen.

„Ich wünsche mir , dass wir eine Einigung erzielen und dass europäische Zeitungen morgen titeln, dass die EU das Unmögliche geschafft hat. Das ist, was mir am Herzen liegt“, sagte Michel am Sonntag. (Tsp, AFP)

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