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Bund der Vertriebenen: "Sie kam mit Hitler"

Polens Außenminister Sikorski greift Steinbach im Streit um das Vertriebenen-Zentrum an, lobt aber Merkel.

Radoslaw Sikorski liebt griffige Formulierungen. Vor drei Jahren hat er als polnischer Verteidigungsminister die umstrittene Ostseepipeline zwischen Russland und Deutschland mit dem Hitler-Stalin-Pakt verglichen. Nun hat er sich als amtierender Außenminister im Streit um die geplante Gedenkstätte zu Flucht und Vertreibung machtvoll zu Wort gemeldet: „Sie kam mit Hitler in unser Land und musste mit Hitler auch wieder gehen“, spottete Sikorski über Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, der sie für den Stiftungsrat der Gedenkstätte nominiert hat. Dann stellte er die rhetorische Frage, ob Menschen, die über Generationen in den ehemals deutschen Gebieten gelebt haben, mit „solchen Personen wie Frau Steinbach“ identifiziert werden möchten, die überhaupt keine Vertriebenen seien.

Sikorski verwahrte sich aber gegen Pauschalverurteilungen des Nachbarlandes: Er machte deutlich, dass sich die führenden deutschen Politiker gegen Steinbach positioniert hätten. Der polnische Chefdiplomat bewertet dabei die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel wesentlich positiver, als das in der deutschen Innenpolitik der Fall ist. Während ihr in Deutschland vorgeworfen wird, schlicht auf Zeit zu spielen, sieht man darin in Warschau Zeichen, dass Merkel Steinbach zum Rückzug ihrer Kandidatur für den Stiftungsrat bewegen wolle. Sikorski bedankte sich ausdrücklich bei Merkel, dass sie „die deutsch-polnischen Beziehungen als etwas Wertvolles anerkennt, wofür es sich lohnt, politische Unterstützung in seinem eigenen Land aufs Spiel zu setzen“. Auch sein Amtskollege Frank-Walter Steinmeier habe ihm versichert, dass die SPD Erika Steinbach als Mitglied des Stiftungsrates nicht akzeptieren werde.

Steinbach erklärte, sie fühle sich von Steinmeier im Stich gelassen. Es sei seine Aufgabe, „deutsche Bürger vor solchen Vergleichen in Schutz zu nehmen“, sagte sie und bezog sich damit auf den Deutschland-Beauftragten Polens, Wladyslaw Bartoszewski. Dieser hatte gesagt, eine Entsendung Steinbachs in den Stiftungsrat wäre, „als ob der Vatikan den Holocaust-Leugner Bischof Williamson zum Israel-Beauftragten ernennt“. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte die Kanzlerin unterdessen auf, den Streit um Steinbach und das Dokumentationszentrum „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ rasch zu beenden, um den außenpolitischen Schaden nicht noch zu vergrößern. mit AFP

Knut Krohn[Warschau]

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