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Die Umfrage wirft kein gutes Licht auf den Umgang der Gesellschaft mit Senioren.

© Imago/Wolfgang Maria Weber

Senioren vermissen Respekt: Fast 80 Prozent der über 65-Jährigen fühlen sich von der Politik vernachlässigt

Eine große Mehrheit der Älteren ist unzufrieden. Viele bemängeln fehlende finanzielle Sicherheit und falsche Themensetzung. Ministerin Paus zeigt Verständnis.

Vier von fünf Seniorinnen und Senioren in Deutschland (78 Prozent) sind der Ansicht, dass die Politik zu wenig Rücksicht auf die Belange älterer Menschen nimmt. Ökonomisch sind vier von zehn (38 Prozent) der Befragten im Alter von mindestens 65 Jahren unzufrieden.

Sie geben an, dass ihr derzeitiges Einkommen nicht für ein gutes Leben reicht, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild am Sonntag“ (BamS) ergab. Bei den 65- bis 74-Jährigen sind es 43 Prozent.

74 Prozent glauben, dass die Gesellschaft nicht genug Respekt vor den Älteren hat (17 Prozent glauben das nicht). Und 52 Prozent glauben, dass die Politik auf die falschen Themen setzt (33 Prozent glauben das nicht). 23 Prozent fühlen sich manchmal, sechs Prozent sogar häufig einsam (nicht einsam fühlen sich 71 Prozent). 

Zu viele ältere Menschen haben den Eindruck, dass sie nicht gewollt sind, dass ihre Lebensleistung nicht anerkannt wird.

Lisa Paus, Bundesfamilienministerin (Grüne)

Auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat einen Mangel an Respekt gegenüber der älteren Generation in Deutschland beklagt. „Zu viele ältere Menschen haben den Eindruck, dass sie nicht gewollt sind, dass ihre Lebensleistung nicht anerkannt wird“, sagte Paus der „BamS. „Dabei hat die ältere Generation nach dem Krieg Unglaubliches geleistet, sie hat den Grundstein für unsere heutige Gesellschaft und für unseren Wohlstand gelegt.“

Ohne sie stünde Deutschland nicht da, wo es heute ist. Seniorinnen und Senioren seien eine tragende Säule unserer Gesellschaft. „Leider ist das bei der jüngeren Generation noch nicht vollständig angekommen. Da gibt es viele negative Stereotype über Ältere. Dem müssen wir entgegenwirken.“

„Viele arme Rentnerinnen und Rentner haben schon Mitte des Monats nicht mehr genug Geld für das Lebensnotwendige“, sagte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, der „BamS“. Die Preissteigerungen träfen sie besonders hart, weil sie oft zu alt oder zu krank seien, um noch etwas dazuzuverdienen. Die Renten stiegen zwar mit der Lohnentwicklung, aber nicht eins zu eins.

Bentele forderte, Kürzungsfaktoren müssten „dauerhaft aus der Rentenformel gestrichen werden“. Als schnelle Hilfe in der Krise verlange der Sozialverband VdK Einmalzahlungen für Menschen mit kleinen Renten.

Auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, forderte „endlich eine armutsfeste Mindestrente sowie angesichts der Inflation gezielte finanzielle Hilfen für alle armen Haushalte“. Diese Hilfe müssten nicht nur arme Ältere, sondern auch für Bürgergeld-Beziehende, Studierende oder Familien bekommen, wie er der Zeitung sagte.

Theologin Käßmann sieht ausreichend Unterstützung für Ältere

Nach Ansicht der evangelischen Theologin Margot Käßmann dagegen erfahren die Rentner in Deutschland ausreichend Unterstützung von der Politik. „Anders als in anderen Ländern gibt es bei uns Grundsicherung für Bedürftige oder Wohngeld“, schrieb Käßmann in ihrer Kolumne in der „BamS“. Zwar gebe es auch Altersarmut in Deutschland, vor allem unter Frauen. „Aber der großen Mehrheit geht es sehr gut.“

Sie sei „ungeheuer dankbar, in Deutschland alt zu werden“, schrieb die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Politik dürfe aber nicht nur auf die Alten schauen. „Wir müssen Sorge dafür tragen, dass zukünftige Generationen auf diesem Planeten leben können.

Deshalb ist Klimapolitik wichtig.“ Es brauche Respekt für die Alten in Deutschland – „aber auch Sorge für die Jungen“, mahnte Käßmann. (AFP, epd)

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