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Horst Seehofer (CSU), Bundesminister für Inneres, Heimat und Bau, kommt vor der CDU Zentrale, dem Konrad-Adenauer Haus an.

© Michael Kappeler/dpa

Krisensitzung von CDU und CSU: Seehofer: "Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist"

Nach der Rücktrittsankündigung des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer steht die Regierungskoalition auf dem Spiel. Aktuell treffen sich Spitzenvertreter der Union zu einer Krisensitzung in Berlin.

Spitzenvertreter von CDU und CSU sind im Streit um die deutsche Asylpolitik zu einer Krisensitzung in Berlin zusammengekommen. CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer betrat gegen 17.40 Uhr das Konrad-Adenauer-Haus. „Ich hoffe, dass es noch hell ist, wenn ich wieder komm'“, sagte er den wartenden Journalisten. „Schau mer mal“, antwortete der bayerische Ministerpräsident Markus Söder auf die Frage nach einer möglichen Einigung der Schwesterparteien.

CSU-Chef Horst Seehofer äußerte sich bei seinem Eintreffen am frühen Montagabend vor den wartenden Journalisten zunächst nicht weiter zu dem Streit, auch die anderen Teilnehmer gaben keine Stellungnahmen ab. Vom Ausgang des Gesprächs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dürfte Seehofers Verbleib in den Ämtern des CSU-Vorsitzenden und des Bundesinnenministers abhängen.

Zuvor hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Nachmittag mit Seehofer im Büro von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) getroffen. Nach der Rücktrittsankündigung von Seehofer steht die Zusammenarbeit der Union im Bundestag und damit die große Koalition auf dem Spiel. Die Schicksalsgemeinschaft sei jede Mühe wert, dass man versuche, zu einer Verständigung zu kommen, sagte Merkel am Montagnachmittag nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Ähnliche Töne kamen aus der CSU.

Seehofer: "Die Person, der ich in den Sattel verholfen habe, wirft mich raus"

Seehofer hat unmittelbar vor dem Krisengipfel von CDU und CSU Kanzlerin Angela Merkel attackiert. "Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist", sagte er am Montag der "Süddeutschen Zeitung". Der CSU-Chef spielte damit auf die im Vergleich zur CDU besseren Wahlergebnisse seiner Partei in Bayern an. Er befinde sich in einer Situation, die für ihn unvorstellbar sei, sagte Seehofer. "Die Person, der ich in den Sattel verholfen habe, wirft mich raus."

In den Stunden vor dem Treffen der Parteichefs hatten Spitzenpolitiker von CDU und CSU den Zusammenhalt der Schwesterparteien beschworen und für die Bereitschaft zu Kompromissen geworben. Eine Annäherung in der Sache war aber nicht erkennbar. Die CSU steht hinter Seehofers Forderung, bestimmte Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Kanzlerin Merkel lehnt dies ab, sie wird dabei von ihrer Partei unterstützt. Sollte Seehofer die Rückweisung im Alleingang anordnen, gilt seine Entlassung durch die Kanzlerin als wahrscheinlich.

Als Kompromissmöglichkeiten wurde in Unionskreisen genannt, dass die CSU der Kanzlerin mehr Zeit für die Umsetzung der erzielten Beschlüsse auf europäischer Ebene gibt. Die CDU könne ihrer Schwesterpartei die Zurückweisung einer weiteren Gruppe von Flüchtlingen anbieten.

CDU-Bundesvorstand stellt sich hinter Merkel

Am Sonntagabend hatte sich der CDU-Bundesvorstand mit einer Enthaltung hinter Merkel gestellt. "Einseitige Zurückweisungen wären das falsche Signal an unsere europäischen Gesprächspartner", heißt es in einem Beschluss. Zugleich bemühte man sich um eine versöhnliche Sprache. "In der Migrationspolitik verfolgen wir dieselben Ziele", heißt es in einer Erklärung von Montag. Beide Unionsparteien wollten die Zuwanderung nach Deutschland "ordnen, steuern und begrenzen".

CDU-Vizechefin Julia Klöckner sagte, man habe der CSU "breite Brücken" gebaut. Dazu gehören aus CDU-Sicht geplante bilaterale Rücknahmeabkommen sowie das Zugeständnis, dass an der Grenze Flüchtlinge abgewiesen werden können, die mit einem Asylantrag in Deutschland gescheitert oder aber in Spanien oder Griechenland registriert worden sind.

Nach einer mehrstündigen Sitzung des CSU-Vorstandes in München hatte Seehofer am Sonntagabend seinen Rücktritt als Parteichef und Bundesinnenminister angeboten. Er ließ sich jedoch zu einem letzten Gespräch mit den Spitzen der CDU bewegen, um nach einer Lösung im Streit über die Flüchtlingspolitik zu suchen. Das Gespräch findet seit dem frühen Abend in Berlin statt. Für 22.00 Uhr ist eine Sitzung des Koalitionsausschusses von CDU, CSU und SPD geplant. In der "SZ" zeigte sich Seehofer wenig kompromissbereit. "Ich müsste mich verbiegen, das kann ich nicht." Er stellte die Frage, ob er ein Amt weiterführen könne, "wenn die Grundlinien nicht stimmt, die man vertritt?" Abermals kritisierte er Merkels Asyl- und Flüchtlingspolitik. "Wir haben uns vier Jahre durchgewürgt."

Harsche Kritik von SPD und Opposition

SPD und Opposition kritisierten die Union erneut. "Mein Optimismus war vorgestern größer", sagte SPD-Chefin Nahles auf die Frage, ob sie zuversichtlich sei, dass CDU und CSU ihren Streit beenden könnten. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf der CSU vor, mit "testosterongesteuerten Egoismen" die Bundesregierung zu zerlegen. Auf die Frage, ob die Grünen zum Eintritt in die Regierung bereitstünden, sagte er, sie würden sich Gesprächen nicht verweigern. FDP-Chef Christian Lindner kritisierte, die CSU habe aus einer Sachfrage eine Machtfrage gemacht. Sie zeige, dass sie zurzeit keine bürgerliche Partei sei. (dpa, reuters. AFP)

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