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Kanzlerin Angela Merkel mit Markus Söder und Alexander Dobrindt.

© AFP/ John MacDougall

Koalitionsausschuss: Schwarz-roter Krawall oder doch ganz zahm?

Viele Streitthemen werden die Koalitionsspitzen am Abend besprechen. Doch Union und SPD beteuern, dass es keinen Krach geben wird.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath

Alexander Dobrindt hat sich im letzten Jahr einen soliden Ruf als politischer Scharfschütze erworben, aber der CSU-Landesgruppenchef kann auch anders. Wer am Dienstag von ihm wissen will, was er vom Sozialstaatskonzept der SPD hält, trifft auf einen fast Verständnisvollen. Die SPD habe selber erklärt, dass sie ihr Profil als Partei schärfen und nicht die Koalition in Frage stellen wolle, sagt Dobrindt. Inhaltlich halte er das Konzept zwar für falsch. „Der eine oder andere scheint hier ja vom linken Affen gebissen zu sein“, ätzt der Bayer. Aber wenn die Sozialdemokraten sich so aufstellen wollten, sei das ihr Ding: „Für uns ist das in Ordnung.“

Nach den ersten heftigen Reaktionen aus der Union klingt das milde. CDU-Vize Volker Bouffier hatte der SPD gleich die „Beerdigung der sozialen Marktwirtschaft“ attestiert. Der Landesgruppenchef stellt zwar sicherheitshalber auch seinerseits klar, dass der Katalog von SPD-Chefin Andrea Nahles keine Arbeitsgrundlage für die Koalition sein könne. Aber da Nahles das auch gar nicht beansprucht, sieht der CSU-Mann keinen Grund zu harschen Worten.

Schließlich gibt es ein viel konkreteres Schlachtfeld im Regierungsbündnis: Was sich Arbeitsminister Hubertus Heil sich zur Grundrente vorstelle, entspreche schlicht nicht dem Vereinbarten. Und wenn der SPD-Mann erkläre, genau so werde er das durchsetzen, dann laute die schlichte Antwort: „Das wirst Du nicht!“

Kramp-Karrenbauer: Kein "Krach" über Partei-Projekte

Wenn sich die Koalitionsspitzen an diesem Mittwochabend zum ersten Mal in diesem Jahr treffen, steht Heils Vorstoß auf der Liste der Themen für die Union weit oben. Es ist zugleich die erste Runde in neuer Besetzung. Angela Merkel lädt zwar weiter ins Kanzleramt, aber für die CDU spricht Annegret Kramp-Karrenbauer jetzt als Parteichefin mit. Söder ist als völliger Novize erstmals in dem Kreis. Nur bei der SPD ist alles beim Alten mit Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz.

Die Runde will über die deutsche Reaktion auf die Kündigung des INF-Vertrags über Mittelstrecken-Atomwaffen reden, über die Grundsteuer, Kohleausstieg und die Probleme der Autobranche – und eben über Heils Vorschlag. Konkrete Ergebnisse sind nicht unbedingt zu erwarten. Der Arbeitsminister hat bisher nur Absichten erklärt, aber noch keinen Gesetzentwurf. Zudem sollen die Spitzenrunden ja ausdrücklich keine Krisengipfel mehr sein; die nächste steht schon routinemäßig im Kalender für den 14. März.

Das ändert allerdings nichts daran, dass Heils Projekt bei Bedarf zur Sollbruchstelle der Koalition werden könnte und dass alle Beteiligten das wissen. Deshalb hat Nahles versichert, die SPD stehe zum Bündnis. Deshalb erklärt Dobrindt, dass er das „sehr ernst“ nehme und es auch im Interesse der CSU sei, dass die Regierung bis 2021 halte. Deshalb betont Kramp-Karrenbauer, über die Partei-Projekte werde es keinen „Krach“ geben.

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Grenzschließungen "als Ultima Ratio ... durchaus denkbar"

Aber wie lange geht es gut, wenn die Partner als Parteien scharfe Positionen gegeneinander vertreten, die eher nach Scheidung rufen als nach einer langen glücklichen Partnerschaft? Kramp-Karrenbauer hat das SPD-Sozialstaatskonzept schließlich sehr grundsätzlich zurückgewiesen. Den Verzicht auf „Fördern und Fordern“ könne man keinem normalen Steuerzahler erklären; allenfalls über die Vorschläge zur Qualifizierung könne man reden, sagte die CDU-Chefin den ARD-„Tagesthemen“.

Umgekehrt steht vieles für die SPD außerhalb jeder Debatte, was CDU und CSU in ihrem „Werkstattgespräch“ zur Migration ausgetüftelt haben. Kramp-Karrenbauer hat dem Maßnahmenkatalog in dem Fernsehinterview sogar noch einen weiteren Dreh verpasst. Die CDU wolle die offenen Binnengrenzen im Schengen-Raum bewahren, sagte die neue Chefin. Aber das funktioniere nur, wenn der europäische Außengrenzschutz vollendet werde.

Und wenn trotzdem wieder so eine Lage wie 2015 einträte? Dann, sagte Kramp-Karrenbauer, wären Grenzschließungen „als Ultima Ratio ... durchaus denkbar“, ein letzter Ausweg „auf Grundlage von Verhandlungen mit Nachbarstaaten“. Unionsfraktionschef Ralf Brinkhaus wiegelt anderntags ab: „Eine sehr hypothetische Frage.“ Dobrindt findet die Formulierung aber „mutig“. Da sei ein „gesunder Prozess der Aufarbeitung“ im Gange, in dem CDU und CSU zu neuer Gemeinsamkeit fänden. Für Wahlkämpfe kann das nur nützen – wo auch immer, wann auch immer, egal gegen wen.

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