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Alle noch mal in die Schule - dabei bleiben ohnehin nur zweieinhalb Wochen bis zu den Ferien. Unser Autor findet das sinnlos.

© Roland Weihrauch/dpa

Schulöffnungen in Berlin: Frisch infiziert in die Ferien

Bitte alle noch mal kuscheln im Klassenzimmer, und dann ab in die Ferien, womöglich frisch infiziert. Wozu bloß? Ein Wutausbruch.

Hurra, ab kommendem Mittwoch wird sich Schule endlich wieder so anfühlen wie vor der Pandemie: Überfüllte, stickige Klassenzimmer, in denen der Putz bröckelt und der gestresste Lehrer noch immer auf die Bismarck’sche Tafel statt auf das vor Jahren bestellte Smartboard schreibt. Nebenan im Flur stinken die Klos.

Im Ernst: Bestimmt freuen sich viele Kinder und Jugendliche darauf, nicht mehr nur ein paar, sondern alle Klassenkamerad:innen wiederzusehen – vor allem jene, deren familiäre Situation schwierig, nicht förderlich oder gar gefährlich ist. Doch weder Lehrende noch Lernende dürften glauben, dass in den zweieinhalb Wochen vor Ferienbeginn noch ernsthaft Unterricht stattfinden kann. Wer je zur Schule ging, weiß das, es ist vermutlich sogar ein Naturgesetz.

In der ersten Woche werden sich erst einmal die Klassengemeinschaften neu finden und sich jene Regeln wieder etablieren müssen, die das Lernen in Massenabfertigung überhaupt halbwegs möglich machen. Die Lehrer:innen werden ihre Zeit nicht nur mit dem Schreiben neuer Stundenpläne vergeuden, sondern zum wiederholten Male ihren Unterricht neu vorbereiten müssen.

Es geht nicht um Bildung, sondern um Aufbewahrung

Und wofür das alles? Damit nach ein paar Tagen alle in die Ferien verschwinden, womöglich mit einer Infektion, die sich einige auf den letzten Metern einfangen. All das und mehr ist von Lehrer:innengewerkschaft, Elternverbänden, Schüler:innenvertretungen, Schuldirektor:innen erklärt worden – genützt hat es nichts, weil sich die Politik von Beginn dieser Pandemie an nie wirklich um Bildung, sondern wenn überhaupt um Aufbewahrung bemüht hat. Nicht um die Kinder und Jugendlichen ging es, sondern darum, die Arbeitskraft der Eltern, die auch wählen dürfen, zu erhalten.

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Die Kinder und Jugendlichen sind trotz fallender Inzidenz in der Gesamtbevölkerung noch immer die Altersgruppe mit den meisten Infizierten, und sie sind nicht geimpft. Wenn es wirklich um sie ginge, würde man sie nicht diesem unnötigen Risiko einer Infektion und völlig unbekannten Langzeitfolgen aussetzen. Man würde sie nicht zwingen, sich für gerade einmal zweieinhalb Wochen in vollen Klassenräumen aufzuhalten, die nach einem Jahr Pandemie wegen behördlicher Blockadebürokratie noch immer nicht mit Luftfiltern ausgestattet sind.

Die Krise hätte eine Chance sein können zur Modernisierung der Schulen

Wäre es wirklich um Bildung gegangen, dann hätte man viel Geld in die Hand genommen und die Krise als Chance zur Modernisierung der Schulen auf allen Ebenen genutzt. Man hätte den Lehrenden bessere, gesündere Arbeitsbedingungen zumindest in Aussicht gestellt. Stattdessen werden Lehrer:innen und Schüler:innen zum Spielball eines bereits wahlkampftrunkenen Parteiengezänks gemacht – das motiviert nicht, jetzt noch mal die Bildungsbazooka zu zünden.

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Wenn es um Bildung gegangen wäre, dann hätte man die kleineren Klassenfrequenzen des Wechselunterrichts beibehalten oder sogar ausgebaut, weil in denen gerade die in der Pandemie benachteiligten Kinder individueller hätten betreut werden können. Man hätte den Lehrenden helfen können, indem man ihnen Hinweise gibt, auf welche Inhalte der Lernpläne sie sich konzentrieren sollen, statt so zu tun, als sei nichts verzichtbar. Man hätte... so viel tun können. Stattdessen die Politik so: „Gehen Sie zurück auf Start.“

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