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Der scheidende Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)

© dpa/AP/FR159526/Jose Luis Magana

Bilanz des Finanzministers: Schäuble hatte Fortüne

War Wolfgang Schäuble erfolgreich? Nicht alle hat der scheidende Finanzminister überzeugen können. Andere sehen seine Haushalte ohne neue Schulden als Hauptwert seiner Bilanz. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn so etwas über einen gesagt wird, noch dazu von einem, der nicht dafür bezahlt wird, der politisch bei denen steht, die viel zu kritisieren haben … Dann ist das ein Zitat wert: „Es ist ein sehr, sehr wichtiges Amt, und ich hoffe, die Chefs der neuen Koalition in Berlin finden jemanden, der den Mut hat, Herrn Schäuble nachzufolgen, der in den vergangenen 40 Jahren ein Held deutscher Politik war, der das in seiner neuen Position weiter sein wird, und der der haushaltspolitischen Stabilität Europas in den vergangenen acht Jahren sein Siegel aufgedrückt hat.“

Das sagt Werner Hoyer, Freidemokrat, ehedem FDP-Generalsekretär, Staatsminister im Außenamt, seit Langem Präsident der Europäischen Investitionsbank und Präsident des Instituts für Europäische Politik. Er wird als möglicher neuer Finanzminister genannt, als Nachfolger von Wolfgang Schäuble. Und es ist ihm eine Ehre, wie er dazu auch noch sagt.

Ja, Bundesminister der Finanzen, das ist was. Einer von drei Ministern mit Vetorecht – die anderen sind die für Justiz und Inneres –, was heißt, dass gegen ihn im Kabinett nichts geht; es sei denn, die Bundeskanzlerin wollte es anders. Zugleich ein Minister, der internationale Querschnittspolitik macht: Außenpolitik, Verteidigungspolitik, Europapolitik, Entwicklungspolitik. Alle regieren mit Papieren – aber sein Papier ist anders bedruckt und im Zweifel mehr wert. Denn der Finanzminister ist der Schatzkanzler. Und der war Schäuble acht lange Jahre.

Nicht alle Experten hat er überzeugen können

War er erfolgreich? Nicht alle, die sich Experten nennen, hat er überzeugen können. Keine spektakuläre Steuerreform, die Reform der Bund-Länder-Finanzen ist eher mühevoll geraten, und die Euro-Krise schwelt auch noch. Sagen die einen. Die anderen sehen dies als Hauptwert seiner Bilanz: Bei der Vorstellung des letzten Haushalts dieser Regierung präsentierte Schäuble ihn erneut ohne neue Schulden.

Das geringzuschätzen bietet sich an, ist es doch fast schon Tradition geworden – zum fünften Mal in Folge. Das den Umständen zuzuschreiben, auch. Die Rahmenbedingungen waren schließlich gut. Dennoch ist es diese Leistung, die es erst möglich macht, im nationalen und internationalen Rahmen auf Krisen in einer Weise zu reagieren, wie es nur die Bundesregierung kann: mit Milliarden für die Flüchtlingshilfe, mit Milliarden für die Euro-Rettung, mit Milliarden hier und dort für neue Schwerpunkte. Andere Staaten wären daran, ja, doch, zerbrochen.

Wie wusste schon der Alte Fritz? Ein großer General braucht auch Fortüne. Schäuble hatte Fortüne. Andererseits hatte er keine Koalitionspartner, die zum Beispiel eine große Steuerreform mitgetragen hätten. Womit nicht nur die SPD gemeint ist, die ihn heute kritisiert.

Richtig ist, dass Schäuble ordoliberal ist und ein Ordnungspolitiker, der es sich und den anderen nicht leichtmacht. Nicht zuletzt sein unablässiger Druck auf die Griechen ist sicher diskutabel. Doch das ist die andere Seite der Medaille: Einer muss es tun. Einer muss national und international zum Nachdenken und zu bewussten Entscheidungen zwingen. Einer muss gesamtstaatliche Verantwortung definieren, notfalls gegen sich selbst.

Wolfgang Schäuble hätte versuchen können, sich beliebter zu machen. Nur ist das seine Sache weniger; in diese Versuchung gerät er nicht. Und noch beliebter als der beliebteste deutsche Politiker kann er sowieso nicht werden.

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