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Noch hat Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, ihre Taiwan-Reise nicht angekündigt.

© J. Scott Applewhite/AP/dpa

Umstrittener Taiwan-Besuch wird zum Dilemma: Sagt Pelosi ihre Reise ab, wäre das ein Gewinn für China

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses will Taiwan besuchen. China missfällt das. Und Joe Biden auch. Warum die Reise so heikel wäre. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Fährt Nancy Pelosi im August nach Taiwan, oder fährt sie nicht? Zuzutrauen ist es der mächtigsten Demokratin im US-Kongress und der Sprecherin des Repräsentantenhauses allemal. Das denkt offenbar auch die chinesische Führungsspitze, die ihre Warnungen vor einem möglichen Besuch der Inselrepublik durch die 82-Jährige am Montag noch einmal verschärfte.

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Wie das Weiße Haus Pelosis möglichen Trip findet, machte Präsident Joe Biden klar. „Ich glaube, das Militär hält es im Moment für keine gute Idee“, sagte er vergangene Woche und gab an, den aktuellen Stand der Planungen nicht zu kennen. Es braucht wenig Vorstellungskraft, um zwischen den Zeilen die Sorge vor einem weiteren eskalierenden Großkonflikt herauszulesen.

Seit Russland die Ukraine überfallen hat, wird befürchtet, dass China Ähnliches mit dem freiheitlichen Taiwan vorhat, das es als Teil der kommunistischen Volksrepublik ansieht und mit dessen Eroberung es immer wieder droht. Die US-Regierung will vermeiden, dass die Spannungen gerade jetzt zunehmen, wenn die Konfrontation mit Russland größtmögliche Aufmerksamkeit erfordert.

Die USA unterstützen Taiwans Verteidigungsfähigkeit

Nun lässt Biden selbst keine Möglichkeit aus, auf Amerikas „Verpflichtung“ hinzuweisen, Taiwan im Angriffsfall beizustehen – und löst damit immer mal wieder Irritationen aus. Die USA haben zugesagt, Taiwans Verteidigungsfähigkeit zu erhalten. Was Washington bei einem militärischen Angriff aber tatsächlich tun würde, wird bewusst offengehalten.

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Pelosi wäre das ranghöchste Kongressmitglied, das Taiwan besucht – einen Titel, den sie offenbar attraktiv findet. Bereits im April, da tobte der Krieg in der Ukraine schon, hatte sie vor zu reisen, da kam ihr eine Covid-Erkrankung in die Quere.

China hat kein Veto-Recht

Grundsätzlich hat Pelosi jedes Recht, die Reise zu unternehmen – weder das Weiße Haus noch Peking bestimmen das mit. Es wäre einerseits ein wichtiges Symbol dafür, dass die USA die Probleme des demokratischen Taiwan mit seinem machthungrigen Nachbarn trotz aller Krisen nicht vergessen.

[Lesen Sie auch: Die Taiwanfrage: Wenn China Grenzen austestet (T+)]

Andererseits ist der Zeitpunkt mehr als heikel, da die Reise als Provokation angesehen werden könnte, während Washington eigentlich das bilaterale Verhältnis entspannen will. Peking hat mit gravierenden Konsequenzen gedroht, sollte Pelosi tatsächlich fliegen – Konsequenzen, die nach Ansicht von Washingtons Sicherheitsexperten die Region destabilisieren könnten.

Kompliziert ist offenbar vor allem die Logistik: Pelosi würde in einer Militärmaschine fliegen, die Reise müsste entsprechend geschützt werden, mit all den Risiken einer möglichen Konfrontation.

Dass Biden sein Unbehagen öffentlich machte, hat ein weiteres Dilemma geschaffen: Sagt Pelosi ihre noch nicht verkündete Reise nun ab, könnte Peking das als Zeichen dafür werten, dass Drohungen wirken. Das chinesisch-amerikanische Verhältnis bleibt kompliziert.

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