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Norwegen, der größte Gaslieferant Europas, verstärkt die Sicherheitsvorkehrungen rund um seine Ölanlagen.

© AFP/Carina Johansen/NTB

Reaktion auf Russlands Aggression : Was Norwegen zu Europas Sicherheit beitragen kann

Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine erfordert neue Anstrengungen bei der Verteidigung. Eine im Norden gestärkte Nato bringt mehr Schutz für ganz Europa. Ein Gastbeitrag.

Viele Menschen kennen Norwegen vielleicht nur als Oslo, Bergen und die Fjordlandschaften. Und sind überrascht zu erfahren, dass das Land im hohen Norden an Russland grenzt.

Die 200 Kilometer sind der nördlichste Teil der Landgrenze zwischen der Nato und Russland. Es ist auch der älteste Teil: Von der Gründung der Nato im Jahr 1949 bis zu ihrer Erweiterung nach dem Ende der Berliner Mauer war dies der einzige Ort, an dem sich Russland und Nato-Territorium berührten.

Norwegens Seegrenze zu Russland ist mit 945 Seemeilen wesentlich länger. Die strategischen Interessen Russlands in diesen Gewässern sind bedeutend. Einige der wichtigsten militärischen Anlagen Russlands – die strategischen Atom-U-Boote – sind auf der Kola-Halbinsel stationiert, nur 100 Kilometer von Norwegen entfernt. Diese U-Boote machen einen großen Teil der nuklearen Abschreckung Russlands aus.

Norwegen ist Partnerland der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz, die an diesem Mittwoch eröffnet wird. Zu den Teilnehmern zählen auch Bundeskanzler Olaf Scholz und der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre.

Zentrales Thema der Konferenz werden die Auswirkungen des russischen Kriegs in der Ukraine auf die europäische Sicherheit sowie die strategische Bedeutung der Anträge Finnlands und Schwedens auf ihre Nato-Mitgliedschaft sein.

Putin wollte Spaltung – sein Verhalten hat jedoch den Zusammenhalt in Europa sowie die Nato als Bündnis gestärkt.

Torgeir Larsen, Norwegens Botschafter in Deutschland

Der Krieg hat vieles verändert – auch das strategische und sicherheitspolitische Gewicht Nordeuropas. Obwohl die Landgrenze der Nato zu Russland durch die Mitgliedschaft Finnlands erweitert wird, erhöht eine vereinte nordische Region die Stabilität im Norden erheblich und stärkt die Verteidigung und Abschreckung in unserem Teil Europas.

Auch die Bedeutung Norwegens und Nordeuropas für die europäische Energiesicherheit wird ein wichtiger Punkt der Berliner Sicherheitskonferenz sein. Norwegisches Gas sowie wind- und wasserbasierter Strom aus mehreren nordischen Ländern versorgen ganz Europa mit Energie. Nach dem Wegfall des russischen Gases hat Norwegen die Gaslieferungen nach Europa um mehr als acht Prozent gesteigert. Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass die deutschen Gasspeicher inzwischen voll sind.

100
Kilometer von norwegischem Territorium entfernt sind russische Atom-U-Boote stationiert.

Wenn die nächsten Monate nicht zu kalt werden, kommen wir wohl gut durch den Winter – vorausgesetzt, dass das Gas weiterhin ungehindert durch die Pipelines in der Nordsee fließt. Die Sabotage von Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee waren ein Weckruf. Was, wenn bald auch die Nordsee-Pipelines angegriffen werden? 

Dann wären Gaslieferungen für lange Zeit unterbrochen – mit außerordentlichen Konsequenzen für die Wirtschaft Europas. Die norwegische Regierung hat umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die Infrastruktur zu sichern. 

Reservisten schützen die Anlagen auf dem Festland. Gemeinsam mit Schiffen und Flugzeugen unserer Verbündeten überwachen die norwegischen Streitkräfte die Seegebiete. Deutschland leistet dazu unter anderem mit einem Versorgungsschiff und drei Fregatten, die die Gewässer patrouillieren, einen bedeutenden Beitrag.

Mit dem Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands gehören bald alle nordischen Länder demselben Verteidigungsbündnis an. Das eröffnet neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei der Sicherung unserer gemeinsamen Verteidigung und kritischen Infrastruktur. Militärisches Material kann zusammen eingekauft, die Ausbildung daran gemeinsam organisiert werden.

Auch wenn jeder der nordischen Staaten weiterhin sein eigenes Militär hat, bilden sie in der Nato eine kollektive Verteidigung, die stärker ist als je zuvor. Putin wollte Spaltung – sein Verhalten hat jedoch den Zusammenhalt in Europa sowie die Nato als Bündnis gestärkt.

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