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Zerstörtes Haus in der Stadt Mykolajiw, die nahe des russisch besetzten Cherson liegt.

© IMAGO/NurPhoto

Ukraine-Invasion Tag 176: Russische Soldaten in Cherson verstecken sich aus Angst vor Anschlägen

Selenskyj trifft Erdogan, russische Kampfjets in Kaliningrad, zahlreiche Tote nach russischen Raketenangriffen. Der Überblick am Abend.

Die Angriffe von ukrainischen Partisanen auf Russen und Kollaborateure in den besetzten Gebieten scheinen Wirkung zu zeigen. Wie ein ukrainischer Journalist, der sich in Cherson aufhält, der „Washington Post“ sagt, sind auf den Straßen der Stadt keine russischen Soldaten mehr zu sehen (Quelle hier). Sie würden sich aus Furcht vor Anschlägen nicht mehr zeigen.

In den vergangenen Wochen kam es immer wieder zu Angriffen auf die Besatzungstruppen, dabei starben auch russische Soldaten. Aus Angst vor Attacken mit den US-Raketenwerfern Himars hätten außerdem der russische Geheimdienst und die Polizeieinheiten ihre Kommandoposten in öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser verlegt. 

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Wie aus den Berichten von mehreren Beobachtern hervorgeht, gibt es an der Südfront seit Tagen keine Bewegung. Noch immer schaffen es die Russen wohl, die ukrainischen Einheiten mit Artilleriebeschuss am weiteren Vorrücken zu hindern. Das Ziel der Ukrainer ist, die Nachschubwege soweit zu unterbrechen, dass die russischen Truppen im Gebiet Cherson ihre Verteidigung nicht aufrechterhalten können. Wann dieser Punkt erreicht sein könnte, ist unklar.

Laut den Aussagen von Politikern in Kiew und ukrainischen Militärs verfügt die Ukraine derzeit nicht über genug Waffen für eine großangelegte Offensive im Süden. 

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Russland ist nicht in der Lage, seine Panzer ausreichend zu schützen: Panzer können durch eine sogenannte Reaktivpanzerung vor Beschuss geschützt werden. Das russische Militär weiß diese jedoch offenbar nicht korrekt anzuwenden. Mehr hier. 
  • Russland verlegt Medienberichten zufolge drei Kampfjets nach Kaliningrad. Die MIG-31 seien in der Ostsee-Exklave rund um die Uhr einsatzbereit, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur RIA das russische Verteidigungsministerium. Interfax zufolge sind die Jets mit Kinschal-Überschallraketen ausgestattet. Die Enklave grenzt an die EU- und Nato-Staaten Litauen und Polen. Mehr in  unserem Newsblog.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan haben sich zu gemeinsamen Gesprächen in der Ukraine getroffen. Die beiden seien im Potocki-Palast in Lwiw (Lemberg) zusammengetroffen, berichtete der staatliche türkische Nachrichtensender Anadolu am Donnerstag. Für den Nachmittag war ein Dreier-Treffen mit UN-Generalsekretär António Guterres geplant.
  • Die Bundesnetzagentur rechnet damit, dass es im kommenden Winter zumindest regional einen Gasmangel in Deutschland geben könnte. „Vermutlich wären die Einschränkungen erst einmal temporär und können auch wieder enden oder mehrfach auftreten“, sagte Behördenchef Klaus Müller dem Nachrichtenportal „T-Online“ in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview. In dem Fall müsse man dafür sorgen, dass Gas gut durchs Land transportiert werde.
  • Russland weist den Vorschlag von UN-Generalsekretär Antonio Guterres zurück, die von russischen Truppen besetzte Umgebung des Atomkraftwerks Saporischschja zu entmilitarisieren. Dies sei unannehmbar, sagt der Sprecher des Außenministeriums in Moskau, Iwan Netschaew. Das AKW liegt in der Nähe des Frontverlaufs. In den vergangenen Tagen sind wiederholt Geschosse auf dem Gelände niedergegangen, was die Furcht vor einer atomaren Katastrophe befeuert hat.
  • Die russische Militärführung scheint nach den jüngsten ukrainischen Angriffen auf russische Militärobjekte auf der Krim zunehmend das Vertrauen in die Sicherheit der Halbinsel zu verlieren. Russischen Medienberichten zufolge wurde der Kommandeur der derzeit auf der Krim stationierten Schwarzmeerflotte ausgetauscht. Das Institute for the Study of War vermutet, dass die russischen Streitkräfte durch die Angriffe in höchste Alarmbereitschaft versetzt wurden und entsprechend eine Umstrukturierung der Truppenzusammensetzung, der Logistik und der Führung vorgenommen haben.
  • Im Osten der Ukraine sind bei massiven russischen Raketenangriffen auf die Stadt Charkiw nach offiziellen Angaben in der Nacht zum Donnerstag mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Dabei handele es sich ausschließlich um Zivilisten, teilte der ukrainische Militärgouverneur Oleh Synjehubow im Nachrichtendienst Telegram mit. 
  • In der Region Donezk ist eine junge russische Influencerin durch die Explosion einer Landmine gestorben. Dies berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax. Zunächst hatte der „Spiegel” die Information aufgegriffen.
  • Estland hat seine Visa-Regelungen für Menschen aus Russland verschärft und deren Einreise beschränkt. Russische Staatsbürger dürfen von diesem Donnerstag an nicht mehr mit einem von Estland ausgestellten Schengen-Visum in das baltische EU- und Nato-Land einreisen. Nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums in Tallinn sollen daher an den drei Grenzübergängen zu Russland in Narva, Luhamaa und Koidula zusätzliche Visakontrollen stattfinden.

HINTERGRUND UND ANALYSE

1. Pläne für eine europäische Armee: Was schon unter Adenauer nicht gelang

2. Hat sich Olaf Scholz verkalkuliert? Musterrechnung zeigt, dass die Mehrwertsteuer-Senkung kaum Entlastung bringt

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