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Aktivisten demonstrieren in Kalifornien gegen die geplante Abschaffung des "Dreamer"-Programms.

© Nelvin C. Cepeda/dpa

Rückschlag für Trump: US-Richter geben „Dreamers“ eine Gnadenfrist

Junge Einwanderer werden vorerst doch nicht aus den USA abgeschoben. Politikern im Kongress gibt das eine Atempause bis nächstes Jahr. Präsident Trump ist sauer.

Wie haben die Köpfe geraucht in den vergangenen Monaten. Pläne wurden erarbeitet und verworfen. Lange Sitzungen in Hinterzimmern und vor den Kameras verliefen ohne Ergebnis. Politiker stritten sich und warfen sich gegenseitig Verantwortungslosigkeit vor. Unterdessen mussten mehrere hunderttausend unschuldige junge Leute die baldige Abschiebung aus den USA befürchten. Doch plötzlich, mit einer dürren Erklärung des Verfassungsgerichts in Washington, ist der Streit zumindest vorerst geklärt. Die so genannten „Dreamers“ dürfen mindestens bis zum nächsten Jahr bleiben, Politiker im Kongress haben mehr Zeit für eine Lösung. Sauer ist nur einer: Donald Trump.

Die Einwanderungspolitik gehört zu den am heftigsten umstrittenen Themen von Trumps Präsidentschaft. Er will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen und die Mexikaner dafür bezahlen lassen. Er will Bürger aus einer Reihe mehrheitlich muslimischer Staaten nicht mehr ins Land lassen. Und er will die rund 800.000 „Dreamers“ hinauswerfen, junge Leute, die als Kinder illegaler Einwanderer ins Land kamen und bisher geduldet werden. Alle zwei Jahre müssen sie eine neue Aufenthaltsgenehmigung beantragen, mit der sie legal in den USA leben, arbeiten oder studieren dürfen.

Verzicht auf Rauswurf - für Mauerbau

Im September ordnete Trump das Ende der Duldung der „Dreamers“ zum 5. März an. Damit wollte der Rechtspopulist die oppositionellen Demokraten zu einem Deal zwingen: Er bot an, auf den Rauswurf der jungen Menschen zu verzichten, um im Gegenzug Haushaltsmittel für seine Mauer herauszuschlagen. Der Plan scheiterte. Mehrere Lösungsversuche blieben ergebnislos, obwohl der geplante Beginn der Abschiebungen bedrohlich nahe rückte.

Am Montag beendete der Verfassungsgerichtshof die Debatte bis auf weiteres. Die obersten Richter des Landes lehnten es ab, sich in einen laufenden Rechtsstreit zwischen der Regierung und mehreren liberalen Bundesstaaten wie Kalifornien und New York über die „Dreamers“ einzuschalten. Zwei Richter untergeordneter Instanzen hatten die Regierung angewiesen, bis zur Klärung des Streits weiter Aufenthaltsgenehmigungen für „Dreamers“ zu erneuern und damit die Abschiebungen auszusetzen. Neuanträge werden zwar nicht mehr angenommen, doch Trumps Regierung schaltete das Verfassungsgericht ein, um die Gerichte zu umgehen – aber nach der Weigerung der obersten Richter, sich einzumischen, wird es vorerst keine Abschiebungen geben.

„Dreamers“ und Unterstützergruppen sind glücklich, dass die Katastrophe vorerst ausbleibt, dringen aber auf eine dauerhafte Lösung. Die Ohrfeige für die Regierung vor Gericht sei eine gute Nachricht, doch sei damit die Unsicherheit für die „Dreamers“ noch nicht aus der Welt geschafft worden, erklärte die Bürgerrechtsgruppe ACLU.

Damit ist auch vorerst nicht zu rechnen. Im Kongress sind die meisten Politiker bemüht, in den Monaten vor den Zwischenwahlen im November kontroverse Entscheidungen zu vermeiden. Das bedeutet, dass ein neuer Lösungsversuch wahrscheinlich erst im kommenden Jahr gestartet werden dürfte. Die Demokraten hoffen, bis dahin die Mehrheit in mindestens einer der beiden Parlamentskammern erobert zu haben; im November wird das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Laut Umfragen haben die Demokraten gute Chancen auf Zugewinne.

Wichtiger Trumpf aus der Hand genommen

Für die Trump-Regierung bedeutet der Richterspruch vom Montag, dass ihr eine wichtige politische Trumpfkarte in der Einwanderungsdebatte aus der Hand genommen worden ist. Entsprechend verschnupft reagierte der Präsident. Er schimpfte über das als sehr liberal bekannte Appellationsgericht des Neunten Bezirks in San Francisco, das mit seiner Entscheidung die geplanten Abschiebungen gestoppt hatte. Später fällte ein Bundesgericht in New York ein ähnliches Urteil.

„Nichts ist so schlimm wie der Neunte Bezirk“, maulte Trump. Wie schon beim Streit um den Muslim-Bann im vergangenen Jahr versuchten die Richter in San Francisco jetzt wieder, seine Regierung zu stoppen. Am Ende werde er im Hauptverfahren vor dem Verfassungsgericht siegen, doch derzeit müsse er sich beugen. „Das ist eine sehr, sehr traurige Sache.“

Nun hofft die Regierung, dass der Streit vor den Appellationsgerichten zügig abgeschlossen wird und dass anschließend der vorwiegend mit Konservativen besetzte Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung im Sinne von Trump trifft. Doch auch das kann bis zum nächsten Jahr dauern. Trump versucht weiter, die Demokraten zu einer Abmachung zu bewegen. Doch die Opposition hat es damit nun nicht mehr eilig.

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