zum Hauptinhalt
Hermann Gröhe, Generalsekretär der CDU, fordert seine Partei zu mehr Verbaldisziplin auf.

© dpa

Koalition: Ringen um Ruhe in der Truppe

Nach dem Streit über Opel-Hilfen, Sparpaket und Gesundheitsreform ringen die Koalitionsparteien nun um Ruhe in der Truppe. Hermann Gröhe, CDU-Generalsekretär sagte, eine bürgerliche Koalition solle sich auch bürgerlich verhalten.

Berlin - Streit um Steuererhöhungen, Streit um Opel-Hilfen, Streit um den Bundespräsidenten, die Wehrpflicht, die Gesundheitsreform, Streit um eine angemessene Form des Streits: Nach einer Woche heftiger Auseinandersetzungen haben sich führende Vertreter der schwarz-gelben Koalition am Freitag bemüht, für Ruhe in den eigenen Reihen zu sorgen und das angeschlagene Regierungsbündnis zu stabilisieren.

In einem Brief an die Funktions- und Mandatsträger rief CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe seine Partei dringend zu besseren Umgangsformen in der Koalition auf. Es sei schmerzhaft, „dass zurzeit mindestens ebenso viele Vertreter aus Union und FDP sich im Ton vergreifen wie Vertreter der Opposition“, heißt es in dem Schreiben an die Mitglieder des CDU-Bundesvorstands, die Bundestagsabgeordneten sowie die Vorsitzenden der Bezirks-, Kreis- und Ortsverbände. Wer von einer bürgerlichen Koalition spreche, müsse sich auch bürgerlich verhalten: „Das schließt gegenseitige Beschimpfungen aus.“ Das Erscheinungsbild der Koalition müsse besser werden. Grundvoraussetzung dafür sei Geschlossenheit.

Finanzminister Wolfgang Schäuble und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wandten sich ebenfalls per Brief an die Fraktionen von FDP und CDU/CSU, um das Sparpaket der Bundesregierung gegen den Vorwurf mangelnder sozialer Ausgewogenheit zu verteidigen. „Wir sparen nicht nur nachhaltig, wir sparen auch gerecht“, schreiben die beiden CDU-Politiker. Verwaltung, Unternehmen und Sozialhilfeempfänger würden „gleichermaßen“ an Lasten beteiligt.

Einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes, wie von etlichen CDU-Politikern gefordert, erteilten die Minister eine Absage: „Weil die Einkommensteuer in Deutschland auch die Unternehmensteuer vieler kleiner und mittlerer Personengesellschaften ist, würde eine höhere Einkommensteuer Arbeitsplätze vernichten und Wachstum behindern. Das wäre unsoziale Politik.“ In der „Bild“-Zeitung forderte Schäuble seine Parteifreunde dazu auf, die Sparbeschlüsse nicht länger infrage zu stellen: „ Jetzt müssen alle das Paket vertreten, gerade in der CDU.“

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rief die schwarz-gelbe Koalition zum Schulterschluss beim Sparpaket auf. Bei einer Grundsatzrede vor dem Evangelischen Arbeitskreis der Union mahnte sie: „Man muss verlässlich sein und dieses Paket verteidigen, sonst wird keiner in uns Vertrauen haben.“

Der Unionsfraktionsvize Michael Meister brachte am Freitag den Abbau von Subventionen anstelle von Steuererhöhungen von Spitzenverdienern ins Gespräch. Davon wären vor allem die Bezieher höherer Einkommen betroffen, erklärte der CDU-Finanzexperte.

Sieben Landesverbände der Jungen Union forderten unterdessen eine breite Debatte über den Kurs der CDU. In einer gemeinsamen Erklärung verlangten sie von der Berliner CDU-Führung, Regionalkonferenzen mit CDU-Chefin Merkel durchzuführen.

Auch FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger mahnte ein Ende der Streitigkeiten in der Koalition an. Die FDP sei „mit der Kanzlerin der Auffassung, dass das jetzt ein Ende haben sollte“. Kanzlerin Merkel hatte die wechselseitigen Beschimpfungen von CSU und FDP im Streit um die Gesundheitsreform („Wildsau“, „Gurkentruppe“) zuvor als inakzeptabel kritisiert.

Gleichzeitig stärkte Merkel Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) den Rücken. „Wir können die ansteigenden Gesundheitskosten nicht immer paritätisch mit einer Verteuerung der Arbeitskosten verbinden“, sagte sie. Deshalb solle das System der Zusatzbeiträge weiterentwickelt werden.

Die von Rösler beabsichtigte und von der CSU bislang blockierte Einführung einer kleinen Kopfpauschale ist einer der Unruheherde der Koalition. Ende kommender Woche will Rösler in einer Klausurtagung mit Vertretern von CDU, CSU und FDP erneut nach einer Lösung suchen. Vor allem in den FDP-Landesverbänden ist die Verärgerung über den Stillstand in der Gesundheitspolitik groß. Kommt bei dem Treffen keinerlei Einigung zustande, könnten sich einzelne Freidemokraten versucht sehen, die geheime Abstimmung über den christdemokratischen Bundespräsidentschaftskandidaten Christian Wulff Ende Juni zu nutzen – für eine Strafaktion.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false