zum Hauptinhalt
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi verteidigt in Berlin die Justiz seines Landes.

© dpa

Ägyptens Präsident al Sisi verteidigt Todesurteile: „Respektieren Sie unsere Perspektive"

Vor dem Eklat bei der Pressekonferenz betont Ägyptens Präsident al Sisi den Beitrag des Landes zur Stabilisierung einer unsicheren Region. Er rechtfertigt auch die umstrittenen Todesurteile gegen seinen Vorgänger Mursi und weitere Muslimbrüder.

Von Hans Monath

Auf Kritik von Deutschen war Abdel Fattah al Sisi bei seinem umstrittenen Berlin-Besuch gefasst, doch diese Attacke überraschte auch den ägyptischen Präsidenten. „Er ist ein Mörder“, rief eine in Deutschland lebende arabische Journalistin während der Pressekonferenz zum Gespräch Al Sisis mit Angela Merkel, als ihr eine Frage verwehrt wurde. Andere kritische ägyptische Journalisten skandierten: „Es lebe die Freiheit, es lebe die Demokratie“. Dann forderten sie ein Ende der Militärherrschaft. Die Anhänger des Ex-Generals aus seinem Tross nahmen den Kampf auf und brüllten noch lauter zurück: „Es lebe Ägypten, es lebe al Sisi.“ Damit war die Pressekonferenz beendet.

Al Sisi kam 2013 nach einem Militärputsch gegen Mohammed Mursi an die Macht

Der Gast, der 2013 nach einem Militärputsch gegen Vorgänger Mohammed Mursi an die Macht kam, hatte sich gut vorbereitet und warb offensiv für seinen Kurs. Er wolle nicht warten, bis ihn die Journalisten auf die umstrittenen Todesurteile gegen Mursi und andere Vertreter der Muslimbrüder ansprechen, erklärte er nach dem Treffen mit Merkel. Er verstehe die Problematik eines Todesurteils aus deutscher Sicht. Doch seine Regierung respektiere die Justiz und wolle die Rechtssprechung nicht infrage stellen. Es handle sich keineswegs um „Sondergerichte oder Revolutionsgerichte“, sondern um Rechtssprechung nach internationalen Standards.

„Sie haben eine Perspektive, die wir respektieren. Und wir haben eine Perspektive, die auch Sie respektieren sollten“, forderte der Gast. Dies habe er auch Merkel erklärt. Als wesentliche Leistung der eigenen Politik nannte er die Bemühungen um Stabilität. „Wir werden niemals zulassen, dass unser Land wie Syrien, Irak, Libyen oder Jemen wird“, versprach er. Der Putsch gegen den „religiösen Faschismus“ der Muslimbrüder sei nötig gewesen. „Wären wir in eine Krise geraten, so wären wir nur noch Asylanten geworden“, meinte er in Anspielung auf die Flüchtlingsströme aus der Region.

Zuvor hatte auch Merkel die Stabilitätsleistung des Gastes gewürdigt. Ägypten sei „eines der zentralen Länder in einer Region, die durch Unruhen und Instabilität gekennzeichnet ist“, sagte sie. Die Beziehungen hätten eine „hohe strategische Bedeutung“. Konkret nannte sie die Sicherung der Sinai-Halbinsel, den Friedensprozess mit Israel, die Aussöhnung von Fatah und Hamas und den wachsenden Einfluss der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Weil der Erfolg des IS „enorme Gefährdungen“ bedeute, wollten ihn beide Länder gemeinsam bekämpfen.

Angela Merkel sprach auch strittige Fragen an

Beim Treffen mit Merkel und zuvor mit Bundespräsident Joachim Gauck wurden auch die strittigen Fragen angesprochen. Wegen der Entmachtung des Parlaments und des rigiden Vorgehens der Militärregierung gegen die Opposition hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert ein Treffen mit Al Sisi abgelehnt. Als Beispiele für „strittige Themen“ nannte Merkel das Vorgehen Ägyptens gegen politische Stiftungen und die Todesstrafe. Die hohe Zahl an Todesurteilen sei etwas „das man vermeiden sollte“, sagte die Kanzlerin: „Deutschland lehnt das ab.“ Gauck hatte Al Sisi nach Teilnehmerangaben zu Fortschritten auf dem Weg zu mehr Rechtssicherheit ermutigt. Der Gast versprach darauf hinzuarbeiten, dass in diesem Jahr Parlamentswahlen abgehalten werden.

Wichtiges Thema der Gespräche waren auch die Wirtschaftsbeziehungen. Deutschland wolle Ägypten helfen, Stabilität und Wohlstand zu sichern, sagte Merkel. Deutsche Firmen rechnen sich gute Chancen aus bei den Großprojekten, die Ägyptens Regierung plant. So steht Siemens vor einem Milliardengeschäft. Der Technologiekonzern stellte für den Bau von drei Gas- und Dampfkraftwerken in dem nordafrikanischen Land Anträge auf Übernahme einer Hermesbürgschaft. Die Bundesregierung hat darüber aber noch nicht entschieden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false