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SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich am 26. September 2023 bei einem Pressestatement.

© Imago/Bernd Elmenthaler

Update

Regierung beschließt Kindergrundsicherung: SPD-Fraktionsvorsitzender kritisiert fehlende rechtliche Prüfung

Der Gesetzesentwurf zur Kindergrundsicherung wurde im Bundeskabinett beschlossen. Die Familienministerin sieht einen Start 2025 optimistisch – Kritik am Verfahren kommt aber aus der SPD-Fraktion.

Die Bundesregierung hat nach monatelangem Streit ihr zentrales Vorhaben zur Bekämpfung von Kinderarmut auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte am Mittwoch Regierungsvertretern zufolge den Gesetzentwurf von Familienministerin Lisa Paus für eine Kindergrundsicherung. Dieser wird nun als nächster Schritt im Bundestag beraten

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, hat kritisiert, dass die Bundesregierung die Kindergrundsicherung vor dem Kabinettsbeschluss keiner vollständigen rechtlichen Prüfung unterzogen hat.

Er begrüße, dass das Kabinett den Gesetzentwurf auf den Weg gebracht habe, sagte er laut einer Mitteilung. Bedauerlicherweise sei jedoch die rechtliche Prüfung noch nicht abgeschlossen.

Der Bundestag könne erwarten, dass das geschehe, bevor das Gesetz ins Parlament gehe. Das sei wichtig, da die Kindergrundsicherung verschiedene Leistungen, die bisher in anderen Gesetzen geregelt waren, bündele.

Dem Vernehmen nach konnte die Prüfung wegen der Kurzfristigkeit – über das Gesetz war bis zuletzt intensiv verhandelt worden – noch nicht abgeschlossen werden.

Mützenich: Keine parlamentarischen Beratungen bis zur rechtlichen Prüfung

Sie soll nun aber wohl während des parlamentarischen Verfahrens erfolgen. Mützenich lehnt das ab. „Ich habe bereits vor Wochen angekündigt, dass ich Gesetzentwürfe, die das Bundeskabinett oder Teile von ihm unter Vorbehalt stellt, nicht im parlamentarischen Bereich akzeptieren werde. Deswegen wird die SPD-Fraktion bis zum Abschluss dieser Prüfung keine parlamentarischen Beratungen beginnen“, sagte er.

„Wir erwarten, dass die Voraussetzungen dafür vonseiten der Bundesregierung rasch geschaffen werden.“ Das Justizministerium hat nach eigenen Angaben den Entwurf zur rechtlichen Prüfung erhalten. „Die Rechtsprüfung wurde innerhalb der gesetzten Fristen so umfassend wie möglich durchgeführt. Weitere technische Anpassungen werden dem Deutschen Bundestag bis spätestens Mitte Oktober übermittelt“, teilte ein Sprecher auf Anfrage der dpa mit.

Paus will nachgebessert haben

Nach der Kritik der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Zeitplan der Kindergrundsicherung will die Grünen-Politikerin Paus den Entwurf in diesem Hinblick nachgebessert haben.

„Es wird zukünftig endlich bessere, schnellere und direktere Leistungen für alle Familien geben“, sagte Paus im Anschluss an den Kabinettsbeschluss. Die Kindergrundsicherung schaffe „einen Systemwechsel – weg von der Holschuld von Bürgerinnen und Bürgern hin zu einer Bringschuld des Staates“. Schließlich würden Familien künftig direkt vom Familienservice über mögliche Ansprüche informiert und die Berechnung und Auszahlung der Leistungen werden einfacher. 

Familienministerin Lisa Paus vor der Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwoch.
Familienministerin Lisa Paus vor der Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwoch.

© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

Kindergrundsicherung soll im Januar 2025 starten

In den vergangenen zwei Wochen habe man das Gesetz noch einmal verbessert, „um sicherzustellen, dass wir zum 01.01.2025 mit der Kindergrundsicherung starten können“, sagte Paus am Mittwochmorgen im Deutschlandfunk. Auch über die genaue Zahl der Personalstellen, geschätzt rund 2000 neue Posten, sei die Ministerin in Gesprächen mit der Agentur.

Paus' Gesetzentwurf sieht vor, dass ab 2025 verschiedene staatliche Leistungen für Kinder gebündelt werden. Ziel ist es unter anderem, mehr Familien, die Anspruch auf Leistungen haben, durch bessere Übersicht und einfachere Antragswege zu erreichen. Dafür soll dann der „Familienservice“ als zentral geschaffene Anlaufstelle zuständig sein. Die Bundesagentur für Arbeit, die als ausführende Behörde dienen soll, hatte zuletzt vor allem den Zeitplan der Ministerin kritisiert.

Es geht darum, dass die Familien endlich das, was sie an Anspruch haben, auch bekommen.

Lisa Paus, Bundesfamilienministerin

Paus betonte im Deutschlandfunk erneut die Notwendigkeit der Kindergrundsicherung. „Es geht darum, dass die Familien endlich das, was sie an Anspruch haben, auch bekommen. Da ist der Staat derzeit sehr schlecht, weil er das zu wenig ausgestattet hat, und deswegen werden wir besser.“

Insgesamt sei die Kindergrundsicherung für alle Familien und die zuständigen Stellen eine „Vereinfachung“. „Das ist kein Bürokratiemonster, sondern wir schaffen eine Stelle, die für alle Familien zuständig ist, an die sich alle wenden können“, erklärte Paus.

Angesprochen auf ein mögliches Scheitern ihres Gesetzentwurfs im Bundesrat sagte Paus im ARD-„Morgenmagazin“: „Ich hoffe, dass wir rauskommen aus diesen ideologischen Debatten und uns tatsächlich pragmatisch anschauen, wie sollte der richtige Weg sein.“ Das Vorhaben sei eine Entlastung für Kommunen und Jobcenter. Eine Verabschiedung im Bundesrat ist SPD-Angaben zufolge erst am 2. Februar 2024 geplant.

FDP-Bundestagsmitglied Christoph Meyer verwies in einer Mitteilung am Mittwoch auf noch bestehenden „Beratungsbedarf“ bei der Kindergrundsicherung und appellierte daran, die Bedenken der Bundesagentur für Arbeit ganz genau zu betrachten. Paus und FDP-Finanzminister Christian Lindner hatten lange über die Finanzierung der Maßnahme gestritten. (Reuters/dpa)

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