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Drei, auf die sich in Ramstein viele Blicke richteten - der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius im Gespräch mit seinen Amtskollegen aus den USA und der Ukraine, Lloyd Austin und Oleksii Reznikov.

© AFP/ANDRE PAIN

Pistorius rüstet sich für den Fall der Fälle: Ramstein bringt keine Klarheit zu Leopard-Panzern

Die Erwartungen an die Runde auf der US Air Base waren hoch: Sie hat aber noch nicht die Frage beantwortet, ob Kiew schwere deutsche Kampfpanzer erhält.

Zu Beginn des Verteidigungsministertreffens auf dem US-Luftwaffenstützpunkt ist der ohnehin immense Druck nochmals erhöht worden - etwa durch den per Video zugeschalteten Wolodymyr Selenskyj „Hunderte von Dankeschöns“, so der ukrainische Präsident, hätten noch längst nicht dazu geführt, dass sein Land über „hunderte von Panzern“ verfüge, um Russlands Angriffe abzuwehren: „Wir müssen schnell handeln.“ 

Der Gastgeber, in diesem Fall Pentagonchef Lloyd Austin, forderte von den 50 versammelten Unterstützerländern der Ukraine ebenfalls noch mehr Engagement. Bevor die Gespräche hinter verschlossenen Türen begannen, stellte er fest, dass „Russland sich neu aufstellt, neue Soldaten rekrutiert und seine Materialbestände neu aufzufüllen versucht“. Es handele sich um einen „entscheidenden Moment für die Ukraine in einem entscheidenden Jahrzehnt für die Welt“.

Die amerikanische Militärhilfe wird daher noch einmal ausgeweitet. Austin kündigte in Ramstein ein weiteres 2,5-Milliarden-Dollar-Paket an, wodurch die USA der Ukraine nun Rüstungsgüter im Wert von 26,7 Milliarden Dollar überlassen haben. Hinzu kommen nun mehrere hundert gepanzerte Fahrzeuge sowie zwei neue Panzertypen.

Neue US-Militärhilfe angekündigt - ohne Abrams

Die Radpanzer vom Typ Stryker ähneln dem Modell, das zu liefern Frankreich kürzlich angekündigt hatte. Die Schützenpanzer vom Typ Bradley gehen auf eine Einigung zwischen US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz zurück, der seinerseits vor gut zwei Wochen die Lieferung von 40 Marder-Panzern zugesagt hatte.

Laut dem neuen deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius wird die deutsche Militärhilfe im Frühjahr, zu der neben den Mardern auch ein weiteres Exemplar des hochmodernen Luftverteidigungssystems Iris-T gehören soll, einen Wert von einer Milliarde Euro haben. Es soll dabei helfen, eine erwartete russische Offensive abzuwehren.

Diese Annahme hatte dazu geführt, dass noch intensiver als ohnehin schon die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern diskutiert wird - und eine Entscheidung in Ramstein zumindest im Raum stand. Pistorius bestätigte dann aber am Nachmittag, was bereits tags zuvor in Berliner Regierungskreisen zu hören gewesen war: Die Abstimmungen liefen noch, Kanzler Scholz werde „so bald wie möglich“ eine Entscheidung treffen.

Der amerikanische CNN-Journalist Alex Marquardt, der mit an Bord von Austins Regierungsflieger war, schrieb auf Twitter, ein nicht genannter Vertreter der US-Regierung habe sich optimistisch geäußert, dass man bis Ende der Woche eine Übereinkunft mit Deutschland zu den Leopard-Panzern erzielen könne. Offen blieb in Ramstein auch die Frage, ob Partnerländer wie Polen oder Finnland ihre aus Deutschland bezogenen Leoparden an die Ukraine weiterreichen dürfen - dies bedarf einer Genehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums.

Abstimmungsprozess mit Washington dauert noch an

Hintergrund ist, dass der Kanzler sie offenbar nur ungern liefern möchte, wenn die amerikanische Seite nicht ihrerseits Kampfpanzer vom Typ Abrams zur Verfügung stellt. Das US-Militär lehnt dies bisher aufgrund von technischen Besonderheiten und einer besonders schwierigen Wartung der Abrams gegen eine Lieferung aus.

Dass diese eine unumstößliche deutsche Bedingung sei, dementierte neben Austin am Freitag auch Scholz’ Sprecher Steffen Hebestreit, stattdessen gelte es, „eine einheitliche Position zu entwickeln, die dann auch trägt“.

In Ramstein bezeichnete Pistorius den Eindruck als „falsch“, dass Deutschland in der Leopard-Frage isoliert sei, mehrere Teilnehmer hätten auch Bedenken vorgebracht: „Es gibt gute Gründe für die Lieferung, es gibt gute Gründe dagegen.“

Anders als Vorgängerin Christine Lambrecht hat Pistorius nun aber zumindest sein Ministerium offiziell mit der Prüfung beauftragt, wie viele Leopard-Panzer aus dem eigenen Bestand der Bundeswehr oder dem der Industrie verfügbar wären. Dies sei „kein Präjudiz“, er wolle damit aber „vor der Lage“ sein: „Wir bereiten uns vor für den Fall der Fälle.“

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