zum Hauptinhalt
Im Wahlkampfmodus: Putin lässt keinen Zweifel daran, dass er auch in den kommenden sechs Jahren der starke Mann ist.

© Mikhail Klimentyev, AFP

Rede an die Nation: Putins russische Waffenschau

Der russische Präsident Wladimir Putin kündigt in einer Rede vor der Präsidentenwahl neue Atomraketen an. Die Botschaft an den Westen: „Das ist kein Bluff“.

Russland sei in seiner Regierungszeit von einem Schwächling zu einem globalen Machtfaktor geworden. Das ist der Kern der Jahresbotschaft, die Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag in Moskau drei Wochen vor der Präsidentenwahl den mehr als 1000 Vertretern vornehmlich der politischen Elite überbrachte. In insgesamt sechs Videos präsentierte er neue Atomwaffen, die entweder in der Testphase sind oder bereits in Serienproduktion. Auf einer riesengroßen Leinwand hinter ihm starteten Raketen, die Radarschirme umflogen und auf ein unbestimmtes Ziel weit weg von Russland zusteuerten. Eine nukleare Unterwasserdrohne schlängelte sich durch das Meer. „Russland klein zu halten ist ihnen nicht gelungen“, sagte Putin in Richtung der Vereinigten Staaten. „Sie müssen diese Realität akzeptieren und verstehen, dass es kein Bluff ist, was ich heute gesagt habe.“

Putin stellte die neuen, angeblich nicht abfangbaren Nuklearwaffen als eine Reaktion auf den Ausstieg der USA aus dem ABM-Vertrag über Raketenabwehr im Jahr 2002 und der Installierung von Raketenabwehrsystemen in Rumänien und Polen dar. Man habe Russland zu lange belächelt, die Warnungen des Kreml ignoriert. „Was haben wir also gemacht? Wir haben an unserer eigenen Technik gearbeitet“, erklärte Putin. Eine Militärtechnik, gegen die bisherige Verteidigungssysteme nutzlos seien.

Vor weiteren sechs Jahren

In der zweistündigen Rede referierte er 50 Minuten über die Verteidigungsfähigkeit. Es war auch eine Wahlkampfveranstaltung. Dass der derzeitige Präsident an seinem Sieg nicht zweifelt, verdeutlichten die zahlreichen Infografiken, in denen die Kennziffern bis 2024 genannt waren. Dann endet seine nächste Amtszeit. Putin ließ keinen Zweifel, dass er sich mindestens bis dahin auch als starken Mann Russlands sieht. Ein Land, zu dem die Welt ehrfürchtig aufblicken soll, das seinen Sonderweg zielstrebig verfolgt. Dafür gab es anhaltenden Applaus.

Der Präsident präsentierte detailreich die Militärtechnik: die Interkontinentalrakete „Sarmat“, eine „schreckliche Waffe“ und angeblich ohne Reichweitenbeschränkung, dann die Hyperschallraketen „Kinschal“ und „Avantgard“, eine Laserwaffe sowie einen atombetriebenen Marschflugkörper. Da mehrere der präsentierten Waffen noch keinen Namen haben, rief Putin die Zuhörer auf, dem Verteidigungsministerium Vorschläge zu senden. Die Präsentation hatte eine Botschaft an den Westen: Russland müsse als Atom- und Weltmacht ernst genommen werden. Menschen, die die neue Weltordnung nicht anerkennen würden, seien „in den wohlverdienten Urlaub zu schicken“, merkte Putin sarkastisch an. Den Mitarbeitern der heimischen Verteidigungsbranche dankte Putin und bezeichnete sie als die „Helden unserer Zeit“, die ihre Arbeit „leise und unaufdringlich“ erledigen.

Investitionen auch in die Infrastruktur

Im Rest der Rede stellte der Präsident dann die Bürger und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Er kündigte Investitionen in den Gesundheitsbereich, in Bildung, den Ausbau von Transportkorridoren, die Regionalentwicklung und Hochtechnologie an. Putin überraschte mit der Idee, dass der Staatsanteil in der Wirtschaft sinken solle. Ausgerechnet unter seiner fast 20-jährigen Regentschaft als Präsident und Premier ist der Einfluss des Staates in der Ökonomie stetig gestiegen. Unerwartet auch die Ankündigung, die Zivilgesellschaft, die Unabhängigkeit der Gerichte sowie die lokale Selbstverwaltung fördern zu wollen. Aus früheren Jahresbotschaften weiß man jedoch, dass längst nicht alle Ankündigungen umgesetzt werden.

Jutta Sommerbauer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false