zum Hauptinhalt
Festnahme. Im Oktober 2018 flog die Terrorgruppe "Revolution Chemnitz" auf.

© Christoph Schmidt/AFP

Prozess gegen „Revolution Chemnitz“: Militante Rechtsextremisten zu Haftstrafen verurteilt

Die rechte Terrorgruppe „Revolution Chemnitz“ wollte mit Anschlägen in Berlin einen Bürgerkrieg starten. Dafür müssen nun mehrere Mitglieder in Haft.

Von Frank Jansen

Sie wollten mit Anschlägen in Berlin einen Bürgerkrieg entfachen, nun folgt die Antwort des Rechtsstaats. Das Oberlandesgericht Dresden hat am Dienstag die acht Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe „Revolution Chemnitz“ zu Haftstrafen zwischen 27 Monaten und fünfeinhalb Jahren verurteilt. Die mit fünfeinhalb Jahren härteste Strafe erhielt Christian K., der Rädelsführer der terroristischen Vereinigung.

Der Richter bat wegen der Corona-Krise um kurze Plädoyers

Die Richter sind mit den Strafen nicht weit entfernt vom Plädoyer der Bundesanwaltschaft. Deren Vertreter in der Hauptverhandlung hatten Haft zwischen drei und fünfeinhalb Jahren gefordert. Die Verteidiger hielten geringere Strafen oder sogar Freispruch für angemessen. Noch am Dienstag plädierten Anwälte mehrerer Angeklagter. Der Vorsitzende Richter des 4. Strafsenats, Hans Schlüter-Staats, hatte die Verteidiger angesichts der Coronakrise gebeten, sich möglichst kurz zu fassen. Die Plätze für die Zuschauer im Hochsicherheitstrakt des OLG waren reduziert, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Das Gericht hatte zudem die Besucher vorab in einer Information für die Öffentlichkeit „dringend ersucht, die hygienischen Mindeststandards einzuhalten“.

Hass auf Flüchtlinge, Linke und die Bundeskanzlerin

Die Terrorgruppe hatte sich mit enormer Geschwindigkeit im Spätsommer 2018 formiert. Den Rechtsextremisten genügten die rassistischen Demonstrationen und Ausschreitungen nicht, die Ende August nach der tödlichen Messerattacke eines Flüchtlings auf einen Deutschkubaner über Chemnitz hereingebrochen waren. Am 10. September bildete Christian K. beim Messengerdienst Telegram die Chatgruppe „Planung zur Revolution“, sie war das Gerüst der terroristischen Vereinigung „Revolution Chemnitz“. Mitglieder waren neben Christian K., heute 32 Jahre alt, Sten E. (29), Martin H. (22), Maximilian V. (29), Marcel W. (32), Sven W. (29), Hardy W. (29) und Tom W. (32). Die Männer kannten sich aus den regionalen Milieus der Rechtsextremisten und Hooligans. Der Hass auf Flüchtlinge, Linke und Bundeskanzlerin Angela Merkel war Konsens.

Revolution Chemnitz wollte den NSU übertreffen

Im Gruppenchat gab Christian K. den Ton an. Er propagierte die Beschaffung von Waffen, damit die geplanten Schläge gegen „Linksparasiten, Merkelzombi, Mediendiktatur und deren Sklaven“ effektiv würden. In ihrem Wahn schwebte den Mitgliedern von Revolution Chemnitz vor, die Terrorzelle NSU, die zehn Menschen ermordet hatte, als „Kindergarten-Vorschulgruppe“ in den Schatten zu stellen. Am 3. Oktober 2018, dem Jahrestag der Wiedervereinigung, wollte die Gruppe in Berlin Anschläge mit Schusswaffen verüben. Die Angriffe sollten als Taten von Linken getarnt werden, um in Bevölkerung und Polizei Empörung zu schüren, die dann in einen Bürgerkrieg münden sollte. Und zur Einstimmung gab es einen Probelauf in Chemnitz.

Am 14. September attackierten Christian K., Stan E., Martin H., Marcel W., Sven W. gemeinsam mit weiteren Rechten und Hooligans auf der Schlossteichinsel junge Deutsche und Migranten. Ein Deutscher bekam einen Schlag ins Gesicht, ein Iraner eine Flasche an den Kopf. Der Iraner erlitt eine Platzwunde und stürzte auf den Boden.

Beschaffung von Maschinenpistole geplant

Die Polizei konnte kurz danach Christian K. und seine Kumpane festnehmen. Einige kamen wieder frei. Bei den Ermittlungen stellte sich  heraus, dass „Revolution Chemnitz“ mehr geplant hatte als Randale in einem Park. Christian K. und zwei weitere Gruppenmitglieder wollten eine Maschinenpistole und weitere Waffen beschaffen. Um am Jahrestag der Einheit in Berlin zuschlagen zu können. Am 1. Oktober hob die Polizei die Gruppe aus.

Im Prozess drucksten die Angeklagten herum. Dennoch kam der Strafsenat voran. In etwas mehr als 30 Verhandlungstagen wurden ungefähr 80 Zeugen befragt. Einer war der Chef des sächsischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath. Er berichtete, Christian K. habe sich 2015 als V-Mann angeboten. Der Verfassungsschutz habe sich dagegen entschieden. Christian K. galt als unzuverlässig und kriminell. Der Rechtsextremist saß damals in Haft, unter anderem wegen Dealerei mit Drogen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false