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Trumps Wahlkampfmanager Paul Manafort steht vor Gericht.

© Yuri Gripas, Reuters

Prozess gegen Paul Manafort: Lüge, Diebstahl, Steuerbetrug

Er ist ein Nebenprodukt der Mueller-Ermittlungen: Der Prozess gegen Trumps Ex-Wahlkampfchef Paul Manafort offenbart Abgründe – soll sich aber nicht um den Präsidenten drehen.

Was hat das mit Donald Trump zu tun? Alles – und nichts. Die erste Woche des Strafprozesses gegen seinen früheren Wahlkampfmanager Paul Manafort hat Abgründe über den Umgang mit Recht und Moral in der Umgebung des heutigen US-Präsidenten offenbart. Viele Amerikaner fragen: Wie konnten solche Personen je in Schlüsselpositionen bei Trump gelangen? Da belügen und bestehlen sich Geschäftspartner, fälschen Spesenabrechnungen, erschleichen sich Millionenkredite durch falsche Angaben, unterhalten zahlreiche geheime Konten im Ausland, hinterziehen Steuern in Millionenhöhe, leisten sich Wohnungen für außereheliche Affären im Ausland.

Andererseits geht es im Courthouse Alexandria, Virginia, direkt vor den Toren der Hauptstadt Washington, juristisch nicht um Trump und auch nicht um die Frage, ob sein Wahlkampfteam Gesetze gebrochen hat. Das macht Bezirksrichter T.S. Ellis III. eindringlich klar. Angeklagt ist Manafort wegen Steuerhinterziehung und Bankbetrug in den Jahren 2010 bis 2014, vor seiner Arbeit für Trump. Der Kronzeuge der Anklage, Manaforts langjähriger Geschäftspartner Rick Gates, hat zwar ebenfalls für Trump gearbeitet, im Wahlkampf und auch nach dessen Wahl zum Präsidenten. Aber er soll bitte nur zu den Anklagepunkten aussagen, insistiert der Richter.

Russland-Affäre soll keine Rolle spielen

Es soll also keine Rolle spielen, dass der Prozess gegen Manafort das erste strafrechtliche Nebenprodukt der Untersuchung des Sonderermittlers Robert Mueller ist, inwieweit Russland die US-Wahl 2016 beeinflusst hat und ob es eine Kooperation mit Trumps Team gab. Politisch stellen viele Medien jedoch genau diesen Kontext her. Was lässt sich daraus über Trump lernen? Gilt hier das Sprichwort: „Wie der Herr, so’s Gescherr“?

Über ein Jahrzehnt lang haben Manafort und Gates mehrere Beratungsfirmen betrieben. Manafort war der Boss, Gates der Ausführende. Während der drei Verhandlungstage, an denen Gates aussagt, vermeidet Gates den Blickkontakt. Ein Schwerpunkt ihrer Geschäfte war Wahlkampfhilfe für das prorussische Lager in der Ukraine mit Präsident Viktor Janukowitsch an der Spitze und Lobbyarbeit für den russischen Oligarchen Oleg Deripaska. Als sich aus Muellers Ermittlungen im Oktober 2017 erste Anklagepunkte ergaben, hatten Manafort und Gates sich für „nicht schuldig“ erklärt.

Kronzeuge war zu einem Deal bereit

Im Februar 2018 fand Gates sich zu einem „Deal“ bereit, wie er in den USA üblich ist, um Mittäter als Kronzeugen gegen Haupttäter zu gewinnen: volle Aussagebereitschaft gegen Strafminderung. Auf Gates Angaben stützt sich die Anklage. Einen Großteil der Einkünfte aus ihrer Beratungsarbeit soll Manafort auf mindestens 15 geheimen Konten im Ausland vor den US-Behörden versteckt haben. Allein in den Jahren 2010 bis 2014 soll es sich um eine Summe von über 15 Millionen Dollar gehandelt haben.

Dies sei „eine konservative Schätzung“, berichtet Steuerfahnder Michael Welch. Sie ergebe sich daraus, wie viel Manafort nachweislich für Luxusgüter ausgegeben habe. Dabei seien 132000 Euro an eine Yacht-Charterfirma, 49000 Dollar Miete für eine Villa in Italien, 45000 Dollar für Zahnkosmetik und 19800 Dollar für Reitstunden noch gar nicht eingerechnet.

Manafort liebte einen aufwendigen Lebensstil mit feinsten Anzügen, Luxushotels, Erste-Klasse-Flügen, teuren Logenplätzen in Sportstadien. Und obwohl er Millionen zur Verfügung hatte, reichte das Geld nie. Das Problem verschärfte sich, als das Ukraine-Geschäft 2014 nach der politischen Wende dort endete.

Gefälschte Papiere

Mit gefälschten Unterlagen wurden neue Millionenkredite bei Banken beantragt. Manafort selbst habe die Gewinn-Verlust-Rechnung einer seiner Firmen 2015 manipuliert und aus 600000 Dollar Verlust einen angeblichen Gewinn von drei Millionen gemacht, um Profitabilität und Kreditwürdigkeit vorzutäuschen. Mit anderen gefälschten Papieren wurde die Steuer betrogen.

Im Zug des Kronzeugendeals kam freilich auch heraus, dass Gates in früheren Vernehmungen gelogen hatte. Darauf stützt sich Manaforts Verteidigungsstrategie. Sein Anwalt Kevin Downing, eine hünenhafte Erscheinung, fragt immer wieder: Warum soll die Jury Gates glauben? Der nehme es mit der Wahrheit nicht so genau. Soweit es um Kreditbetrug und falsche Angaben an die Steuer gehe: Davon habe Manafort nichts gewusst. Gates habe Buchhaltung und Papierkram zu verantworten.

„Wie lange ging das mit ihren Lügen?“ gegenüber Sonderermittler Mueller, fragt Downing süffisant. Gates windet sich: „Es gab Momente, da habe ich mit der Wahrheit gerungen“, sagt er. Richter Ellis hakt ein: „Sie haben doch längst zugegeben, gelogen zu haben.“ – „Ja, aber nur in einem Klagepunkt“, antwortet Gates.

Wer ist der schlimmere Finger?

Am letzten Tag der Kronzeugen-Vernehmung kommt Downing auf die Glaubwürdigkeit zurück. Am Vortag hatte er Gates in die Enge getrieben: „Sie hatten ein geheimes Doppelleben?“ Ja, vor zehn Jahren eine außereheliche Affäre in London, gibt Gates zu. Auf dem Weg in die Ukraine sei er zwischengelandet. Er habe die Frau in Luxushotels getroffen und später ein Apartment gemietet. Nun hakt Downing nach: Waren es nicht mindestens vier Affären in verschiedenen Ländern? Der Richter unterbricht. Ihn interessieren nur die Jahre 2010 bis 2014.

Am Ende läuft es wohl darauf hinaus, wen von beiden die Jury für den schlimmeren Finger hält. Gates hat zugegeben, dass er Manafort um Hunderttausende Dollar durch falsche Abrechnungen betrogen und das Geld auf sein Konto geleitet habe. Nur: Ist Manafort glaubwürdiger? Vieles, was Gates detailliert aussagt, wird sich mit dem Vorwurf „Lüge“ nicht aus der Welt schaffen lassen.

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