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Politik: Problem Pistole

Ministerium waren Mängel an der P8 offenbar bekannt, bevor ein Bundeswehrsoldat seinen Kameraden am Hindukusch erschoss

Am 17. Dezember vergangenen Jahres, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war gerade auf dem Weg zum ersten Truppenbesuch in Afghanistan seit April 2009, starb ein 21-jähriger Hauptgefreiter am Hindukusch. Zunächst hieß es, der junge Bundeswehrsoldat sei beim Reinigen seiner Waffe ums Leben gekommen, dann stellte sich heraus, dass er beim „spielerischen Umgang“ mit Schusswaffen durch die Hand eines Kameraden starb. Untersuchungen der Staatsanwaltschaft haben jetzt ergeben, dass die verwendete Tatwaffe vom Typ P8 technisch in Ordnung gewesen sei. Nach Recherchen des Tagesspiegels sind jedoch bereits seit 2005 zunehmend Probleme bei diesem Pistolentyp aufgetreten. Auf der Tagung der „Nutzungsleiter Handwaffen“ wurde dem Verteidigungsministerium im April 2010 eine Mängelliste zu dieser Pistole vorgelegt. Darin enthalten sind genau die Probleme beim Einführen des Magazins, die der Todesschütze in der Vernehmung durch die Feldjäger unmittelbar nach dem Unfall beschrieb.

Entstanden sind diese Probleme durch die ausdrücklichen Änderungswünsche der Bundeswehr an dem Serienmodell Heckler & Koch USP. Bei handelsüblichen Serienmodellen treten diese Probleme nicht auf. Zusätzlich wurde im Rahmen dieser Tagung festgestellt, die in die Bundeswehr eingeführten Pistolen P8 hätten ihre Lebensdauer von 10 000 Schuss bereits überschritten, es sind zahlreiche Fälle von gerissenen Waffenverschlüssen bekannt geworden. Doch statt die für Soldaten gefährlichen Pistolen schnellstmöglich durch Neuwaffen zu ersetzen, wurde der Oberndorfer Hersteller mit einem Entwicklungsauftrag für ein Nachfolgemodell P8A1 beauftragt. Bei diesem Nachfolgemodell sollen die problematischen Kunststoffmagazine durch eine Version aus Stahlblech ersetzt werden. Ausdrücklich führen die Maßnahmen des Verteidigungsministeriums auf, dass die Waffen nicht gesperrt werden und von den Soldaten im Einsatz weiterhin benutzt werden sollten.

„Eine Sperrung der Pistolen schloss sich aus“, stellte das Logistikamt der Bundeswehr fest, und es wurde eine Untersuchung der Probleme durch die Wehrtechnische Dienststelle 91 in Meppen empfohlen. Das allerdings mutet seltsam an: Die WTD hatte nicht nur die Verantwortung für die Erprobung der Waffen Mitte der 90er Jahre, sie formulierte auch die damaligen Änderungswünsche gegenüber dem Serienmodell. Genau die Änderungen, die heute Probleme bereiten und mit ursächlich für den tödlichen Zwischenfall vom Dezember zu sein scheinen. Zudem wollte die Bundeswehr ausdrücklich, dass die Waffenläufe der P8 gegenüber dem Serienmodell USP eine herabgesetzte Lebensdauer haben.

Ein unabhängiger Sachverständiger, der die beschädigten Pistolen P8 untersuchte, führt die Probleme unter anderem auf die Munition der Bundeswehr zurück. „Die Patronen sind zu heiß geladen, das kann auf die Dauer zu erheblichen Problemen führen“, stellt der Experte fest. Tatsächlich hat die Patrone „9mm Luger“ nach den internationalen CIP-Vereinbarungen einen Höchstgasdruck von 2350 bar, die Patrone DM51 der Bundeswehr weist jedoch einen nominellen Druck von 3000 bar auf. Ausgelegt sind solche Patronen für Maschinenpistolen, die über weitaus mehr Masse verfügen als kleine Pistolen und die dabei auftretenden Kräfte besser aushalten. „Die Nutzung in Pistolen ist ungefähr so, als tanke man in seinen Trabant Flugbenzin, um eine höhere Geschwindigkeit zu erzielen“, stellt der Experte dazu fest.

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