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Hryhorij Halahan ist nicht mehr Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte in der Ostukraine.

© Imago/Ukrinform

Präsident spricht von „Gaskrieg“ gegen Europa: Selenskyj wechselt Befehlshaber in der Ostukraine aus – der Überblick

Der ukrainische Präsident entlässt Generalmajor Halahan und setzt nun auf neue Kraft in Donezk und Luhansk. Russland wirft er „Terror“ gegen den Westen vor.

Nach größeren Gebietsverlusten seit dem russischen Einmarsch hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Befehlshaber der Streitkräfte in der Ostukraine ausgewechselt. Per Dekret entließ das Staatsoberhaupt am Montag Hryhorij Halahan und setzte stattdessen Viktor Horenko ein.

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Der 44 Jahre alte Generalmajor Halahan hatte seit August 2020 die Spezialoperation in den Gebieten Donezk und Luhansk geführt. Der Krieg dort hatte 2014 begonnen.

Selenskyj forderte wiederholt schwere Waffen vom Westen, um Russlands Vormarsch zu stoppen und besetzte Gebiete zurückzuerobern. Laut dem Einsatzkommando Süd hat die ukrainische Armee sechs Flugabwehrsysteme des Typs Stormer HVM aus Großbritannien erhalten. Wie die schon gelieferten deutschen Gepard-Flugabwehrpanzer dienen sie vor allem der Luftverteidigung von Truppenverbänden im Nahbereich.

Nach Russlands Einmarsch im Februar hat die Ukraine inzwischen die Kontrolle über das Gebiet Luhansk komplett verloren. Das benachbarte Donezker Gebiet wurde zu rund 50 Prozent von russischen Truppen erobert.

Vor dem 24. Februar waren nur knapp 30 Prozent der Gebiete von prorussischen Separatisten kontrolliert worden. Selenskyj hatte unlängst beklagt, dass Kiew bereits 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets nicht mehr unter Kontrolle habe.

Unterdessen meldete der Generalstab in Kiew, dass die russischen Einheiten beim Kohlekraftwerk Wuhlehirsk Erfolge erzielt hätten. Am benachbarten Frontabschnitt seien dagegen Angriffe in Richtung der Städte Bachmut und Siwersk abgewehrt worden.

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Im Charkiwer Gebiet seien russische Attacken ebenso gescheitert. Mehrere Dutzend Orte seien vor allem in den Gebieten Charkiw und Donezk mit Artillerie beschossen oder von der Luftwaffe bombardiert worden.

Selenskyj wirft Moskau „Gaskrieg“ gegen Europa vor

In der weiteren Drosselung russischer Gaslieferungen nach Europa sieht Selenskyj eine Form von Moskaus „Terror“ gegen den Westen. „Und dies ist ein offener Gaskrieg, den Russland entfacht gegen das vereinte Europa“, sagte Selenskyj am Montag in seiner abendlichen Videobotschaft. Russland mache es Europa damit absichtlich schwer, sich auf den Winter vorzubereiten.

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Moskau zeige damit einmal mehr, dass es sich nicht für das Schicksal der Menschen interessiere. Russland lasse die Menschen durch die Blockade ukrainischer Getreideausfuhren hungern sowie unter Kälte, Armut und Besatzung leiden.

„Das sind einfach nur verschiedene Formen von Terror“, sagte Selenskyj mit Blick auf die Ankündigung des russischen Gaskonzerns Gazprom, von diesem Mittwoch an die Lieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 auf 20 Prozent der Kapazität zu drosseln.

Gazprom nannte als Grund, dass eine weitere Gasturbine in die Reparatur müsse. Deshalb werde die Leistung von derzeit 40 Prozent weiter reduziert auf 33 Millionen Kubikmeter Gas täglich, hieß es. Nord Stream 1 ist für Deutschland die wichtigste Versorgungsleitung mit Gas aus Russland.

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Vertreter von EU-Staaten haben sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unterdessen auf einen Notfallplan zur Senkung des Gaskonsums verständigt. Er soll am Dienstag bei einem Sondertreffen der Energieminister in Brüssel offiziell bestätigt werden.

Weitere Sanktionen gegen Russland gefordert

Die Drosselung der Gaslieferungen sei für Europa eine weitere Bedrohung, sagte Selenskyj. Deshalb müsse der Westen zurückschlagen. Statt an eine Rückgabe der bereits reparierten Gasturbine zu denken, sollten die Sanktionen gegen Russland weiter verschärft werden. „Tun Sie alles, um Russlands Einnahmen nicht nur aus Gas und Öl zu reduzieren, sondern auch aus anderen Exporten, die noch bleiben“, sagte er.

Selenskyj warnte, jede weitere Handelsbeziehung sei ein „potenzielles Mittel des Drucks für Russland“. Es steht seit langem im Ruf, sein Gas als „geopolitische Waffe“ einzusetzen. Ein Teil des Gases aus Russland wird trotz des Krieges weiter durch die Ukraine nach Westeuropa gepumpt.

Ringen um Getreidelieferungen geht weiter

In der Ukraine laufen weiter Vorbereitungen für die Ausfuhr von Getreide aus den Schwarzmeerhäfen. „Wir erwarten, dass sich das erste Schiff innerhalb der kommenden Tage bewegen könnte“, sagte ein UN-Sprecher. Der Erfüllung der Vereinbarung von Istanbul vom Freitag stehe von russischer Seite nichts im Wege, sagte Moskaus Außenminister Sergej Lawrow bei seinem Besuch in der Republik Kongo.

In dem Abkommen am Freitag hatte Russland zugesichert, Schiffe für den Export über einen Seekorridor fahren zu lassen und nicht zu beschießen. Auch die beteiligten Häfen Odessa, Tschornomorsk und Juschny dürfen nicht angegriffen werden. Es geht unter anderem um die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide. Die unter der Vermittlung der UN und der Türkei unterzeichnete Einigung sieht vor, die Exporte von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwachen zu lassen.

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Parallel zu dem Korn-Abkommen wurde auch ein Memorandum mit Russland unterzeichnet. Nach Darstellung Moskaus wird darin festgehalten, dass sich die UN für eine Lockerung von Sanktionen einsetzen wollen, die indirekt Russlands Getreide- und Dünger-Export beschränken. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte mit Blick auf den Export von ukrainischem Getreide von einer Paketlösung gesprochen.

Die UN bestätigten dies bislang allerdings nicht. Die Dokumente seien „nicht öffentlich“ und würden nur dann öffentlich gemacht, wenn alle Beteiligten zustimmten, hieß es am Montag von den UN. Am Freitag hatten die UN lediglich schriftlich festgehalten, dass das Abkommen auf dem Grundsatz beruhe, „dass die gegen die Russische Föderation verhängten Maßnahmen auf diese Erzeugnisse keine Anwendung finden“.

Aus EU-Sicht ist das bereits gegeben. So wurde etwa erst am Donnerstag in einem EU-Beschluss bekräftigt, dass sich keine Sanktionsmaßnahme „in irgendeiner Weise gegen den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln, einschließlich Weizen und Düngemitteln, zwischen Drittländern und Russland“ richtet.

Was am Dienstag wichtig wird

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock besucht an diesem Dienstag Tschechien und die Slowakei. Dort will die Grüne auch über den Ukraine-Krieg sprechen. Tschechien hat seit dem 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne. Mit den Nato- und EU-Partnern kooperiert Deutschland auch, um die Ukraine mit Waffen zu versorgen.

Nachdem Vertreter von EU-Staaten sich auf einen Notfallplan zur Senkung des Gaskonsums verständigt haben, soll dieser bei einem Sondertreffen der Energieminister in Brüssel offiziell bestätigt werden. Damit sollen die Risiken im Falle einer vollständigen Unterbrechung russischer Gaslieferungen reduziert werden. (dpa)

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