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"JouWatch" verspricht "zensurfreien Journalismus", macht aber rechte Propaganda.

© Matthias Meisner/Tagesspiegel

Portal "JouWatch": Rechte Propaganda-Plattform sucht Asyl in Sachsen

Das rechte Internetportal "JouWatch" ist aus Jena ins sächsische Meißen umgezogen. Werden die Macher dort ihren Status als "gemeinnützig" verteidigen?

Von Matthias Meisner

Erneut liest es sich so, als seien nur Menschen mit besten Absicht am Werk. Das rechte Internetportal "JouWatch" hat sich im Februar kurz vor seinem Umzug aus Thüringen nach Sachsen eine neue Satzung gegeben. "Selbstlos" will der "Verein für Medienkritik und Gegenöffentlichkeit" demnach wirken, er verfolgt angeblich "ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke" im Sinne der Abgabenordnung, "und zwar durch die Förderung der demokratischen und staatsbürgerlichen Volksbildung".

Es ist ein verwegener Anspruch für eine Propaganda-Plattform, die auf ihrer Seite Werbung macht für die "Abendspaziergänge" von Pegida in Dresden, "Merkel-muss-weg"-Demos in Hamburg oder die in Berlin zum "Tag der deutschen Einheit" am 3. Oktober geplanten Anti-Regierungs-Proteste des rechtspopulistischen Bündnisses "Wir für Deutschland". In Anzeigen wird das neue Buch von Thilo Sarrazin angepriesen, es werden Verschwörungstheorien verbreitet und kostenlose Hilfe bei einer Facebook-Sperre offeriert.

Deutschland liege wegen der "muslimischen Masseneinwanderung" politisch in Scherben, heißt es in der Beiträgen auf der Internetseite. Offenkundig verhasst sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme, mit denen Deutschland, wie es in einer "JouWatch"-Meldung heißt, "auf Vorschulniveau" getrimmt werden solle. Aus seinen Sympathie für die AfD und auch für die rechtsextreme "Identitäre Bewegung" macht das Portal kein Geheimnis. Es gibt auch direkte personelle Verbindungen: Einer der Autoren von "JouWatch", lange Zeit sogar Chefreporter, wechselte vor einigen Monaten als Öffentlichkeitsarbeiter zum rechtsradikalen bayerischen AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron.

Finanzamt Jena wollte Gemeinnützigkeit prüfen

Warum die im rechten Spektrum durchaus einflussreiche und verbreitete Plattform "JouWatch" ihren Sitz von Jena ins sächsische Meißen verlegt hat und sich im April ins Vereinsregister beim Amtsgericht Dresden hat eintragen lassen, wird auf der Internetseite nicht transparent gemacht. Im Impressum ist der neue, seit April geltende Vereinssitz gar nicht angegeben - dafür aber Kontaktadressen im mittelfränkischen Bad Windsheim und in Zug in der Schweiz.

Der Umzug nach Meißen könnte damit zu tun haben, dass die Finanzbehörden in Thüringen zu Jahresanfang vorhatten, die zuletzt im Februar 2017 vom Finanzamt Jena bestätigte Gemeinnützigkeit zu prüfen - und die "JouWatch"-Macher nun hoffen, den steuerlich sowohl für Spender als auch deren Empfänger vorteilhaften Status in Sachsen leichter verteidigen zu können. Ob diese Rechnung aufgeht, ist unklar. Die Landesfinanzministerien sowohl in Sachsen als auch in Thüringen wollen unter Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht sagen, ob und welche Prüfungen der Gemeinnützigkeit aktuell laufen beziehungsweise mit welchem Ergebnis sie abgeschlossen sind.

Pegida-Rednerin Renate Sandvoß im August 2016 in Dresden.
Pegida-Rednerin Renate Sandvoß im August 2016 in Dresden.

© imago/xcitepress

Allerdings heißt es aus Dresden allgemein, dass über die Gemeinnützigkeit eines Vereins nicht allein anhand der eingereichten Satzung entschieden werde, sondern auch dessen tatsächliche Aktivitäten berücksichtigt würden. Verborgen geblieben ist demnach auch bei den Finanzbehörden in Sachsen nicht, dass das Portal "JouWatch" regelmäßig rechtsradikale Positionen ergreift und verbreitet. Meißen ist der dritte Vereinssitz: Zunächst residierte der Verein seit 2013 in Berlin, später dann ab Ende 2015 in Jena.

Im Kernland von Pegida

"JouWatch" indes passt nach Sachsen wohl in jedem Fall besser als ins rot-rot-grün-regierte Thüringen. In Meißen, Bundestagswahlkreis von Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maiziére, trifft "JouWatch" auf eine Szene, in der AfD, Pegida und Anti-Asyl-Initiativen selbst für sächsische Verhältnisse außerordentlich gut verankert und vernetzt sind. Rechte Aktivisten wie Ester Seitz und die frühere Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling sind regelmäßig in Meißen unterwegs oder wohnen sogar dort.

"JouWatch" teilt sich in Meißen Adresse und Briefkasten mit Renate Sandvoß, Autorin des rechten Portals und mehrfache Rednerin bei Pegida in Dresden. Sandvoß, die früher lange in Hamburg und auch auf Sylt lebte, war erst im Herbst 2017 aus einem Dorf im Schwarzwald umgezogen nach Meißen, nach eigenen Angaben auf der Flucht vor "Asylanten-Horror" und der "Invasion der Schwarzafrikaner" in Westdeutschland - und hin zu "aufgeschlossenen und gradlinigen Menschen". Sie sah sich ermuntert durch den Wahlerfolg der AfD bei der Bundestagswahl in Sachsen. Sandvoß erklärt: "Pegida ist nur in Mitteldeutschland möglich." Und: "Der Osten ist zum Kampf bereit."

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