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Auch in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin werden Koalitionsgespräche stattfinden.

© Kappeler/dpa

Sondierungsgespräche: Politik ist auch nur wie Fußball

SPD-Zentrale, Adenauer-Haus, bayerische Landesvertretung: Unter den Sondierern waltet das sportlich erprobte Prinzip der Heim- und Auswärtsspiele. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Diesmal wird alles besser. Nie wieder eine hoffnungsträchtige Koalition schon per Sondierung in die Grütze reiten! Der Fahrplan für den Start der neuen Groko steht, und man merkt ihm die Sorgfalt an, die in allen Details gewaltet hat. Zum Beispiel: Angefangen wird am Sonntag in der SPD-Zentrale, dann geht es Montag im Adenauer-Haus weiter, dann am Dienstag in der bayerischen Landesvertretung, bevor schließlich am Donnerstag die alles überwölben sollende Schlussrunde wieder bei den Sozis stattfindet – Finale dahoam, wie die Bayern sagen würden, denen dieses Privileg aber gerade nicht zuteil wird. Es wäre auch irgendwie komisch, wenn der ganze Tross am Ende noch nach München reisen müsste oder ins Kloster Seeon.

Was bedeutet das? Die Verhandler sind abgekommen vom neutralen Boden des Hauses der Parlamentarischen Gesellschaft, der sich als Gift fürs Koalieren erwiesen hat, speziell hinsichtlich des zum Fraternisieren verleitenden Balkons. Stattdessen waltet das sportlich erprobte Prinzip der Heim- und Auswärtsspiele, das ja auf der Erkenntnis beruht, dass die vertraute Umgebung leistungssteigernd wirkt; möglicherweise wäre auch an die Ausgabe von Trikots zu denken, die es beim Fußball ja in zwei Versionen gibt, nämlich als sogenanntes Home- und Away-Shirt. Die CSU würde also beim Heimspiel in blau-weiß verhandeln, die Sozialdemokraten im kämpferischen Rot, na, und die Kanzlerin hat ohnehin für praktisch jede Situation ein passend gefärbtes Jäckchen parat.

Das Talkshowverbot wird sich befremdlich auswirken

Befremdlich wird sich hingegen die Tatsache auswirken, dass für die Sondierungen ein totales Herumschwatz- sowie Talkshowverbot verabredet wurde. In den jeweiligen Redaktionen soll bereits Panik ausgebrochen sein, denn das Geschäftsmodell sieht bekanntlich zwingend vor, dass Zwischenergebnisse per Live-Ticker ausgebreitet und allabendlich einer breiten öffentlichen Diskussion unterworfen werden. Schwer vorstellbar, dass die notorisch harten Hechte wie Ralf Stegner oder Andreas Scheuer einfach nur verbiestert schweigen – aber genau so soll es kommen. Ratlos werden wir vor der schweigenden Glotze sitzen und den Geräuschen des nachtaktiven Getiers draußen lauschen, weil nichts, aber auch gar nichts aus den Parteizentralen nach außen dringt.

Ach, Insider vermuten übrigens, dass eine neue Bundesregierung nach Überwindung aller Prozeduren frühestens Ostern fertig ist. Genug Zeit, trotzdem noch alles totzupalavern.

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