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Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister.

© Andreas Arnold/dpa

Political Animal: Scheuer in der Sackgasse

Aus der Maut-Affäre kommt Andreas Scheuer als Verkehrsminister nicht mehr heraus. Die Meinungsumfragen sind vernichtend. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wer’s nicht glaubt, muss nur einmal Civey, das Meinungsforschungsinstitut, zurate ziehen. Das hat zu den Vorgängen um die Einführung der Pkw-Maut in Deutschland die Bundesbürger nach ihrem Urteil gefragt. Und das ist – doch, so kann man es wohl sagen – vernichtend.

Denn 73,6 Prozent aller Deutschen fordern den Rücktritt von Verkehrsminister Andreas Scheuer, CSU, im Westen sind es sogar noch mehr, 74,5 Prozent.

Ja, wer das Haushalts- und Vergaberecht bricht; wer parlamentarische Kontrollgremien umgeht; wer aussichtslose Verträge abschließt; wer einen Schaden von mehr als einer halben Milliarde Euro für die Steuerzahler verursacht – was soll anderes mit dem geschehen, als dass er zurücktritt. Oder zurückgetreten wird?

Scheuer ist in Bedrängnis: Geheimgespräche im Vergabeverfahren für ein öffentliches Milliardenprojekt, das Verstecken von Kosten, der Vorwurf von Rechtsverstößen, alles das wird ihm zur Last gelegt. Doch das Verkehrsressort sagt ungerührt, bei der Pkw-Maut sei alles ordnungsgemäß gelaufen.

Und hat schon 611 000 Euro zur Aufarbeitung der Affäre ausgegeben, für rund 2600 Stunden „rechtlicher und wirtschaftlicher Beratung“.

Das "NeuigkeitenZimmer"

Die hat Scheuer auch nötig. Immerhin hat der Europäische Gerichtshof aufgrund der Klage Österreichs entschieden, dass die Pkw-Maut gegen EU-Recht verstößt – und der Verkehrsminister die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon lange vorher, 2018, geschlossen.

Ohne dass Rechtssicherheit bestand. Dabei war die Warnung vorher laut genug, dass die Abgabe gegenüber Fahrzeughaltern aus dem Ausland als diskriminierend angesehen werden könnte.

Andreas Scheuer: fünfstelliges Ministergehalt, mit einem eigenen „NeuigkeitenZimmer“ im Ministerium, einem Newsroom, wo flotte Sprüche per Twitter geklopft und die (eigenen) Nachrichten gemacht werden, schöne Fotos und Videos. Intern stört’s bei CDU und CSU viele, aber dagegen angehen tut keine und keiner.

Doch nicht am Ende von Merkels Regierungszeit. Nein, Scheuer macht weiter und weiter, weil die Kanzlerin was tut? Nichts. Sie schweigt. Und schweigt. Obwohl Merkel (wie auch ihr Minister) per Amtseid geschworen hat, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.

Vom hochgelobten neuen CSU-Chef, von Markus Söder, Kanzleraspirant, zu schweigen, zu dessen Partei Andreas Scheuer gehört. Vordem war er, Scheuer, sogar ihr Generalsekretär. Aber Söder, der sich in Bayern als entscheidungsstark darstellt, toleriert ihn. Weil sich kein anderer CSU-Politiker findet, der oder die das Ganze in einem Untersuchungsausschuss vertreten will?

Dazu passend für Söder und fürs „NeuigkeitenZimmer“ der Tweet von @katjaberlin: „Ich lese gerade viele Kommentare, die eine Frauenquote in der Politik ablehnen, weil allein Kompetenz das entscheidende Kriterium bleiben solle. Ich trockne meine Lachtränen mit einem Andi-Scheuer-Foto.“

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