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Zum letzten Mal erneuern: Noch-Fraktionschef Dietmar Bartsch

© imago/Chris Emil Janßen/IMAGO/Chris Emil Janssen

„Kämpfen, aufrappeln, sich verändern“: So will die Linke das Comeback schaffen

Die Linke will sich erneuern. Progressiv, aber bodenständig. Die Zeit der Ausreden sei vorbei, sagt Dietmar Bartsch.

„Guten Morgen, mitten in der Nacht“, sagt Dietmar Bartsch. Es ist kurz nach neun, der Fraktionschef der Linken steht am Rednerpult auf dem Europaparteitag der Linken in Augsburg und begrüßt seine Partei das letzte Mal in dieser Funktion. Am vergangenen Dienstag hat die Linksfraktion im Bundestag ihre eigene Liquidation beschlossen. Das Wort klingt ausgesprochen härter, als es geschrieben aussieht. Für die Linke sind es dunkle Stunden.

Bartsch ist ein Pragmatiker, der an diesem Morgen eine Rede hält, die in manchen Augenblicken beinahe utopisch klingt. Wer am Boden liege, habe zwei Möglichkeiten. „Liegenbleiben“, sagt er, „oder kämpfen, aufrappeln, sich verändern“. Die Zeit der Ausreden sei vorbei, sagt er. Es brauche, findet er, ein programmatisches Update. Dann könne der Linken das Comeback gelingen. Der Anspruch sei, Volkspartei zu werden; so, wie sie es im Osten schon einmal waren.

Es ist der erste Parteitag der Linken, seit Ex-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht angekündigt hat, eine eigene Partei zu gründen. Gemeinsam mit neun weiteren Abgeordneten hat sie die Partei verlassen. Dass die Linke dadurch ihren Fraktionsstatus verliert, sei eine Niederlage, findet Bartsch.

Die Krise als Chance?

Doch die Krise sehen viele als Chance. Parteichefin Janine Wissler sagt, es sei eine Möglichkeit, die Spaltung zu überwinden, die die Linke in den vergangenen Monaten gelähmt hat. Rund 700 Neueintritte hat es seit Wagenknechts Austritt gegeben, darunter prominente Seenotretterinnen, und zum Beispiel die Autorin Cansin Köktürk, die bis vor Kurzem Grünen-Mitglied war.

Wie aber kann eine neue Linke aussehen? Die Partei hat sich ein neues Logo gegeben, mehr rot, das i-Tüpfelchen über „Linke“ zeigt nun schräg nach oben. Ein Symbol dafür, dass es aufwärts gehe.

In einem Imagefilm zeigt die Linke, wen sie künftig ansprechen will. „Wir sind um uns selbst gekreist, statt die AfD zu bekämpfen“, sagt ein Mann darin. „Das ist jetzt endlich vorbei“, sagt ein anderer. „Die, die gehen wollten, sind gegangen“. In einem Raum treffen sich Linke, um zu sprechen, ein Stuhl, wie man ihn aus der Schule kennt, bleibt leer. Eine Aufforderung wird eingeblendet: „Bau sie mit uns auf“.

Parteichefs Wissler, Schirdewan: Wir wollen keine „Lifestyle-Linken“ sein
Parteichefs Wissler, Schirdewan: Wir wollen keine „Lifestyle-Linken“ sein

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Es fehlen: Latte Macchiatos und High-Tech-Züge, bunte Farben und Bilder von Landschaften, wie man sie zum Beispiel aus Imagefilmen der Grünen kennt. Der Film soll zeigen: Die Linken wollen progressiv sein, aber das Image der „Lifestyle-Linken“, das Wagenknecht ihnen angeheftet hatte, soll verschwinden. Dafür soll auch die Kapitänin Carola Rackete stehen, die für die Linke zur Europawahl antritt.

Die Versöhnung der Linken mit sich selbst soll auf diesem Parteitag beginnen. Doch es wird schwierig. Freitagabend, spät in der Nacht: Der Berliner Ex-Kultursenator Klaus Lederer urteilt hart über seine Partei.

Den Holocaust verharmlosende Äußerungen wie die des Europäischen Linken-Abgeordneten Manu Pineda, der den Gaza-Streifen mit dem Warschauer Ghetto verglich, seien unwidersprochen geblieben. „Liebe Genossinen und Genossen, wir müssen reden“, sagt Lederer, „wir haben ein ernsthaftes Problem“. Wenig später warf ein Delegierter, Nick Papak Amoozegar, Israel einen „Genozid“ vor. Unwidersprochen blieb die Äußerung diesmal aber nicht: Die Delegierten buhten.

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