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Mit Abstand. Ohne die Messen mit Gläubigen gehe dem wichtigsten Fest der Christen Entscheidendes verloren, sagen die Bischöfe.

© Christoph Schmidt/dpa

„Ostern ist das wichtigste Fest für uns“: Auferstehung statt Lockdown

Kirchen wollen auf Präsenzgottesdienste zu Ostern nicht verzichten. Aber es geht nicht nur um die christlichen Feiertage.

In der Coronakrise war wenig zu hören von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Jetzt meldete er sich zu Wort. In der Kontroverse um die Ostergottesdienste distanzierte er sich von der Bitte von Bund und Ländern, die Kirchen sollten in diesem Jahr auf Veranstaltungen in Präsenz von Gläubigen verzichten.

„Es hat mich schon erstaunt, dass ausgerechnet Parteien, die das C im Namen führen, den Kirchen den Verzicht auf Gottesdienste nahelegen, noch dazu an Ostern“, sagte Seehofer der „Bild“-Zeitung. Er jedenfalls habe keinen Zweifel daran, dass die Kirchen einen „klugen und verantwortungsvollen Weg“ finden. Sein Haus, das auch für die Religionen zuständig sei, habe den Vorschlag nicht gemacht.

Auch Würdenträger der Kirchen und Theologen zeigten sich von der Bitte überrascht, reagierten jedoch eher zurückhaltend. Der Göttinger Professor für Staatskirchenrecht, Hans-Michael Heinig, hält sie für „mindestens eigenwillig“. „Wir hatten aus dem letzten Jahr mitgenommen, dass der Verzicht auf Präsenzgottesdienste enorme soziale Konflikte in die Religionsgemeinschaften hineinträgt“, sagte Heinig dem Tagesspiegel.

Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten wichen durch die Bitte ihrer politischen Verantwortung aus und verlagerten diese Konflikte in die Kirchen und Gemeindeleitungen hinein. „Das ist eine ziemliche Zumutung“, sagte Heinig. Die Politik nehme keine Stellung, ob der Verzicht auf Ostergottesdienste aus epidemiologischer Sicht erforderlich sei. „Wenn er erforderlich wäre, müsste man sie verbieten“, sagte Heinig. „Wenn es aber nicht erforderlich ist – was soll diese Bitte dann?“

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Die EKD, deren Kirchenkonferenz am Mittwochabend (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) deren Rat am Freitag tagen wollten, wolle zunächst die Gespräche der Kanzlerin mit den Kirchen abwarten. Das kündigte deren Ratsvorsitzender, Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, am Mittwoch an. „In meinen zahlreichen Telefonaten habe ich bislang keine überzeugenden Argumente gehört“, schrieb der Theologe auf seinem Facebook-Account.

Hygienekonzepte funktionieren

Tatsächlich haben die großen Kirchen viele Argumente auf ihrer Seite: Denn die Hygienekonzepte in den Gottesdiensten funktionieren seit einem Jahr. Nur in einigen Freikirchen, die meist keinem größeren Gemeindeverbund und keiner Dachorganisation angehörten, gab es Ausbrüche des Coronavirus.

So argumentierten am Mittwoch auch einige Landeskirchen. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehen wir keine Notwendigkeit, unsere strengen, bewährten und nachhaltigen Regelungen für Präsenzgottesdienste zu ändern“, erklärte der Sprecher der Württembergischen Landeskirche, Oliver Hoesch. „Diese orientieren sich jeweils an den regionalen Inzidenzen und sehen eine verpflichtende Absage von Präsenzgottesdiensten ab einer Inzidenz von 300 pro 100 000 Einwohner vor.“ Ansonsten gebe es die Empfehlung, die digitale Feier von Gottesdiensten zu prüfen. „Bereits Weihnachten sind unsere Gemeinden sehr verantwortlich mit der Frage umgegangen, ob sie Präsenzgottesdienste oder digitale Formate anbieten.“

„Ostern ist das wichtigste Fest für uns“

Der Vorsitzende der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, twitterte bereits am Dienstag: „Ostern ist das wichtigste Fest für uns, Gottesdienste sind kein Beiwerk.“ Zu Weihnachten habe die Kirche gezeigt, wie man mit Vorsicht Messe feiern könne. „Darauf wollen wir Ostern nicht verzichten“, sagte Bätzing. „Wir werden es in die Gespräche einbringen.“

Auch die Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Berlin, Karlies Abmeier, verwies darauf, dass die Ostergottesdienste zu den Höhepunkten des Kirchenjahrs gehörten. „Digitale Formate können das nicht völlig ersetzen.“ Im Erzbistum gebe es seit Monaten aufwendig entwickelte Hygienekonzepte. „Maskenpflicht, begrenzte Teilnehmerzahl, kein Gesang und Registrierungspflicht gehören zum Standard.“

Großes Verständnis für die Reaktionen der Kirchen zeigte unterdessen auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe, der auch Beauftragter für Kirchen und Religionsgemeinschaften seiner Fraktion ist. Die Weihnachtsgottesdienste hätten gezeigt, dass die Durchführung verantwortlicher Gottesdienste möglich sei, sagte er der „FAZ“. Wie der Tagesspiegel aus Fraktionskreisen erfuhr, wurde Gröhe hinter verschlossenen Türen sogar noch deutlicher – und erhielt dafür großen Applaus.

Doch es sind nicht nur die christlichen Feiertage, um die es in den nächsten Tagen gehen wird. Vom 28. März bis 4. April wird das jüdische Pessachfest gefeiert. Und vom 13. April bis 12. Mai ist der muslimische Ramadan. Da der Fastenmonat erst später beginnt, bezieht der Zentralrat der Muslime die Bitte der Bundesregierung indes bislang nicht auf das eigene Fest. „Eine solche Bitte ist nicht an uns herangetragen worden“, teilte ein Sprecher am Mittwoch auf Anfrage mit. „Daher werden wir, mithilfe der seit einem Jahr erfolgreich erprobten Abstands- und Hygieneregeln für unsere Moscheen, ganz normal weitermachen.“

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