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Bundesinnenminister Thomas de Maizière, CDU

© reuters

BND-Affäre: Opposition will Thomas de Maizière öffentlich hören

Die Opposition will Thomas de Maizière öffentlich zur BND-Affäre vernehmen. Sie beantragt heute deshalb eine Sondersitzung des NSA-Untersuchungsausschusses. Diese soll noch in dieser Woche stattfinden.

Von Anna Sauerbrey

Während die BND-Affäre am Montag für Unfrieden in der Regierung sorgte, wurde im Bundestag hinter den Kulissen eifrig telefoniert. Es ist die Woche der parlamentarischen Aufarbeitung - und die Abgeordneten, besonders die der Opposition, wollen dafür so viel Öffentlichkeit wie möglich. Die Obleute der Linken und der Grünen im NSA-Untersuchungsausschuss werden daher nach Informationen des Tagesspiegels an diesem Dienstagvormittag eine Sondersitzung beantragen. Nach dem Willen von Linken und Grünen soll sie schon am Freitag stattfinden. Gehört werden sollen die Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und Thomas de Maizière.

Linke und Grüne beantragen Sondersitzung des NSA-Untersuchungsausschusses

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) steht zwar für Mittwoch bereits auf der Tagesordnung eines Bundestagsgremiums, allerdings des Parlamentarischen Kontrollgremiums - und die Abgeordneten, die mit der Kontrolle der Nachrichtendienste betraut sind, tagen in geheimer Sitzung in einem abhörsicheren Kellerraum. Der Rechtsausschuss wird zudem ebenfalls am Mittwoch Generalbundesanwalt Harald Range hören - auch diese Sitzung allerdings ist nicht öffentlich. Der NSA-Untersuchungsausschuss tagt regulär am Donnerstag, dort werden in dieser Woche zwei Mitarbeiter der Abteilung Technische Aufklärung des BND vernommen. Sie waren im August 2013 für erste Prüfung der Selektorenliste verantwortlich. Der Spiegel hatte berichtet, dass bei dieser ersten Prüfung rund 2000 verdächtige Begriffe gefunden wurden, die auf Spionage bei Unternehmen und gegen europäische Institutionen und Politiker hindeuten könnten. Bei einer späteren, zweiten Prüfung wurden sogar 40.000 Begriffe gefunden. Wie viel die beiden Zeugen öffentlich aussagen werden, ist allerdings völlig unklar. Einer der beiden, der unter dem Kürzel T.B. firmiert und zeitweise die Kooperation mit der NSA in Bad Aibling leitete, hatte bereits Ende 2014 im Ausschuss ausgesagt und dabei alle Vorwürfe bestritten. Die Opposition fordert, BND-Präsident Gerhard Schindler solle sich "bereithalten", um eventuell ebenfalls auszusagen. Der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU) erklärte allerdings am Montag, ein "Bereithalten" entspreche nicht den Regularien und könne nicht verlangt werden.

Das Kanzleramt spiegelt sich in der Fassade des Paul-Löbe-Hauses. Muss Ex-Kanzleramtschef Thomas de Maizière im Bundestag auch öffentlich aussagen?

© Hannibal Hanschke/Reuters

Die Opposition will Thomas de Maizière in öffentlicher Sitzung hören

Die Opposition fürchtet deshalb, der politische Schwung könne abhanden kommen, sollten die politisch Verantwortlichen aus Kanzleramt und BND erst in der nächsten Sitzungswoche oder noch später dem Bundestag Rede und Antwort stehen. Vor der aktuellen Affäre war die Aufmerksamkeit für die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses auf einem Tiefpunkt angelangt. Obwohl sich immer konkretere Vorschläge für Reformen der Geheimdienstkontrolle und Gesetzgebung herausschälten, schien der politische Druck zu fehlen, um sie auch umzusetzen. Es ist ein Spiel um Zeit und Aufmerksamkeit - und Thomas de Maizière könnte es gewinnen, müsste er sich tatsächlich nur hinter verschlossenen Türen im PKGr äußern.

Neben der neuen Chance für politische Reformen sind aber auch viele Fragen im Kern der Affäre noch unbeantwortet: Wurden die strittigen Suchwörter absichtlich übersehen und nutzte der BND die gewonnen Daten sogar für eigene Zwecke? Welche Daten wurden weitergegeben - waren darunter auch Inhaltsdaten oder sogar Daten deutscher Unternehmen oder Bürger - was rechtlich nicht zulässig wäre? Vermutete der BND selbst Wirtschaftsspionage hinter einigen Suchwörtern - oder unterstellte er legitime Ziele, wie den Kampf gegen Proliferation? "Die Bundesregierung täte gut daran, die vollständigen Selektorenlisten sofort auf den Tisch zu legen", sagte am Montag André Hahn, Obmann der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss und Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Auch Grünen-Obmann Konstantin von Notz forderte noch einmal die Herausgabe der Listen.

Die Kernfragen der BND-Affäre sind noch ungeklärt

Dass die Bundesregierung die Listen herausrückt, scheint allerdings unwahrscheinlich. Auch eine Sondersitzung in dieser Woche dürften die Koalitionsfraktionen im Ausschuss nicht mittragen. Die Obleuterunde tagt am Mittwoch. Alternativ werde man vom Minderheitenrecht der Opposition Gebrauch machen, sagte von Notz. Dann entscheidet Bundestagspräsident Norbert Lammert. Möglicherweise muss sich Thomas de Maizière dann in der kommenden Woche, einer Nicht-Sitzungswoche, dem Ausschuss stellen.

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