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Das deutsche Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ ist im Mittelmeer unterwegs.

© Kai von Kotze/Sea Watch e.V./dpa

„Offensichtliche Schikane“: Deutsches Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ vor Sizilien festgesetzt

Wieder hat ein deutsches Rettungsschiff im Mittelmeer Probleme mit Italiens Behörden. Diese sprechen von technischen Mängeln. Die Helfer sind empört.

Italienische Behörden haben das deutsche Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ vor dem sizilianischen Hafen Porto Empedocle festgesetzt. Die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch sprach von einem neuen Trick, um Rettungsschiffe im Mittelmeer am Auslaufen zu hindern. Die Kontrolleure hätten technische Mängel ausgemacht. Das Schiff solle so lange im Hafen von Porto Empedocle bei Agrigent bleiben, bis sie behoben seien, teilte die Küstenwache mit. „Sea-Watch“-Sprecher Ruben Neugebauer bezeichnete das Vorgehen als „offensichtliche Schikane“.

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Die sogenannten technischen Mängel seien vorgeschoben, sagte Neugebauer. „Das ist total zynisch“, fügte er hinzu. Das Schiff sei in einem guten Zustand. Es werde mit der Sicherheit der Menschen an Bord argumentiert, um Rettungsschiffe am Auslaufen zu hindern, mit der Konsequenz, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken. In fünf Jahren private Seenotrettung habe es noch keinen einzigen Unfall gegeben.

Die Betreiber hätten zunächst keine offizielle Information aus Italien erhalten. „Es geht hier nicht darum, die Seenotrettung sicherer zu machen, sondern sie zu verzögern“, sagte Neugebauer. Zum Teil gebe es unterschiedliche Zulassungsregeln in Italien und Deutschland. Das habe bei der zeitweisen Festsetzung der „Alan Kurdi“ der Hilfsorganisation Sea-Eye eine Rolle gespielt. Er äußerte die Befürchtung, dass die italienischen Behörden eine andere Klassifizierung des unter deutscher Flagge fahrenden Schiffs nach italienischem Recht verlangen könnten: „Das wäre ein komplexes Prozedere.“

Das Schiff von Sea-Watch war Ende Juni mit mehr als 200 Menschen in den Hafen in Sizilien eingelaufen. Die Migranten kamen für eine rund zweiwöchige Quarantäne auf die Fähre „Moby Zaza“. Einige von ihnen waren nach Behördenangaben positiv auf das Coronavirus getestet worden. Seit der Coronavirus-Krise kommen Geflüchtete von privaten Rettungsschiffen in Italien in der Regel auf andere Schiffe in Quarantäne.

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Italien und Malta hatten sich während der Coronavirus-Pandemie 2020 zu nicht sicheren Häfen erklärt. Nach einer Pause sind wieder mehrere Hilfsorganisationen mit Schiffen im Mittelmeer unterwegs gewesen, wo Migranten mit kleinen Booten von Libyen nach Europa starten. Vor rund einem Jahr war die „Sea-Watch 3“ mit der damaligen Kapitänin Carola Rackete ohne Erlaubnis mit Migranten in einen Hafen der Insel Lampedusa gefahren. Dieser Streit machte international Schlagzeilen.

Monat für Monat versuchen zahlreiche Menschen, in seeuntüchtigen Booten von Afrika über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Im vergangenen Jahr ertranken dabei nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 1283 Menschen. In den vergangenen fünf Jahren gab es insgesamt mehr als 19.000 Tote.

Länder wie Italien und Malta verfolgen inzwischen eine harte Linie und lehnen die Aufnahme geretteter Flüchtlinge vielfach ab. Sie fordern die Solidarität der übrigen EU-Staaten bei der Verteilung der Flüchtlinge ein. Alle Versuche, zu einer gerechten Verteilung innerhalb Europas zu gelangen, sind bisher gescheitert. (dpa, epd, AFP)

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