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Im Mittelpunkt: Italiens Außenminister Luigi Di Maio am Dienstagabend nach seiner Erklärung, er werde die "Fünf-Sterne-Bewegung" verlassen.

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Größte Regierungsfraktion spaltet sich: Nun fürchten sich alle vor Neuwahlen in Italien

Die größte Partei in Italiens Großkoalition, die Fünf Sterne, ist zerbrochen. Die Regierung ist nicht in Gefahr – allerdings sind die Konsequenzen noch unklar.

In Italien ist die größte Partei innerhalb der Regierung Draghi zerbrochen. Am späten Mittwochabend erklärte der amtierende Außenminister Luigi Di Maio seinen Austritt aus dem "Movimento Cinque Stelle" (M5S). Zusammen mit ihm geht etwa ein Viertel der M5S-Parlamentsabgeordneten.

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Bisher hatten die Fünf Sterne, die aus der letzten Parlamentswahl im Frühjahr 2018 als deutlich stärkste Partei hervorgegangen waren, schon einzelne Parlamentsmitglieder verloren, teils auch selbst ausgeschlossen. Als Partei waren die Grillini - nach ihrer Gründerfigur, dem TV-Entertainer Beppe Grillo - aber seit ihrer Gründung 2009 zusammengeblieben.

Di Maios Auszug war ein Richtungsstreit mit Giuseppe Conte vorausgegangen. Conte, der nach seinem Rücktritt als Premier letztes Jahr an die Spitze der Partei gerückt war, wurde damit Nachfolger Di Maios, der das Parteiamt vor ihm innehatte. Beide gelten seither zudem als Rivalen um die Macht in der Partei, die seit ihren sensationellen knapp 33 Prozent immer mehr Wähler:innen und Zustimmung verloren hat.

Den Kriegsgrund bot nun die Ukrainepolitik. Der Conte-Flügel ist gegen Waffenlieferungen an die Ukraine, Di Maio war - auf der Linie von Premier Draghi - dafür. Auf seiner Abschiedspressekonferenz am Dienstagabend sprach Di Maio - ein Wort, das bei Parteispaltungen in Italien oft fällt - von einer "schweren Entscheidung, die ich nie glaubte treffen zu müssen", und warf Conte vor, er habe mit seinem Nein die Regierung angegriffen, "nur um ein paar Wählerstimmen zurückzubekommen".

"Angesichts der Grausamkeiten Putins können wir nicht weiter Unsicherheit zur Schau stellen und auf der falschen Seite der Geschichte stehen", so Di Maio.

Di Maio kann auf Wahl ohne Ballast hoffen

Die Frage war zum Zeitpunkt seiner öffentlichen Erklärung freilich längst beantwortet: Contes Fünf Sterne hatten Premier Draghi bereits zugesichert, dass sie Waffenlieferungen, obwohl sie sie ablehnen, nicht blockieren würden. Wahrscheinlicher ist, dass es vielmehr um das neue Statut der Partei ging, an dem Conte gerade schreibt. Darin sollen einige Kernprinzipien der Fünf Sterne, die sich seit jeher als Antiparteienpartei versteht, festgeschrieben werden. Darunter das Ende von Mandaten nach zwei Legislaturperioden.

Davon wäre auch der Außenminister betroffen, der nun hoffen kann, auf eigene Rechnung und ohne derlei Ballast sich bei der nächsten Parlamentswahl zu präsentieren. Seine neue Partei soll "Gemeinsam für die Zukunft" heißen. Die Tageszeitung "Il fatto Quotidiano", die M5S nahesteht, formulierte ihre Schlagzeile zum Bruch am Mittwoch entsprechend bissig, Di Maio gehe "mit 60 weiteren, deren Mandat bald endet". Die "jüngste Häutung" von "Draghis Minister bedeute: Salvinis rechtsextreme Lega werde stärkste Kraft im Parlament.

Niemand will vorgezogene Neuwahlen

Tatsächlich ist das die unmittelbare Folge der Spaltung der Fünf Sterne. Die Regierung, die damit nun aus zehn Parteien besteht, wollen die "Dimaisti" nicht verlassen; Di Maio stellte sich während der Sitzung in der zweiten Parlamentskammer, als es um die Ukraine ging, demonstrativ an die Seite von Premier Mario Draghi.

Aber auch die verlassene Partei und ihr Chef Giuseppe Conte stehen trotz manchen Dissens an Draghis Seite. Der zeigte sich auf Fragen nach einer Regierungskrise gelassen. Ihn habe niemand auch nur um eine Regierungsumbildung gebeten.

Derzeit hält die Angst vor Neuwahlen Draghis schwierige Koalition zusammen, die von den Sternen und dem Sozialdemokratischen PD bis nach weit rechts, zur Lega, reicht. Weil fast alle Angst haben, die Sterne voran, bei den regulären Wahlen im nächsten Frühjahr Prozente abzugeben, hat keine Partei Lust auf Sprengübungen.

Und alle im Parlament, Regierende wie Opposition, fürchten die Auswirkungen der Wahlrechtsreform. Von der Wahl 2023 an werden die Parlamentskammern nämlich um etliche Stühle kleiner sein.

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