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Die Steuerbehörden in NRW haben offenbar erneut Steuersünden-Daten aus der Schweiz erworben.

© dapd

Steuerstreit mit Schweiz: NRW ärgert Schäuble

Die Steuerbehörden in NRW lassen nicht locker. Sie sollen erneut eine CD mit Daten deutscher Steuersünder aus der Schweiz gekauft haben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht nun das Abkommen mit Bern in Gefahr.

Trotz Kritik aus der Bundesregierung und der Schweiz haben die nordrhein-westfälischen Steuerbehörden nun auch noch einen zweiten Datenträger mit Informationen über Steuerflüchtlinge erstanden. Nach Tagesspiegel-Informationen handelt es sich beim Ankauf der Wuppertaler Fahnder um Kontodaten, die detailliert Aufschluss über das Vermögen deutscher Steuerflüchtlinge in der Schweiz geben. Und die Düsseldorfer Landesregierung denkt gar nicht daran, an dieser Praxis etwas zu ändern. Wegen des hohen finanziellen Ertrags bereitet sie schon den Erwerb eines weiteren Datenträgers vor. Die Zahl der Selbstanzeigen ist in Nordrhein-Westfalen in den ersten zwei Juliwochen jedenfalls sprunghaft gestiegen.

Im ersten Fall sicherten sich die Fahnder etwa 1000 Kontodaten der Züricher Coutts-Bank – und zahlten dafür deutlich weniger als drei Millionen Euro. Um welches Institut es sich nun handelte, ließen die Behörden im Dunkeln. Der Kaufpreis war dem Vernehmen nach ebenfalls siebenstellig. Offiziell wurde keine der beiden Transaktionen bestätigt. Zu Wochenbeginn musste ein Sprecher des Bundesfinanzministers allerdings zugeben, dass sein Haus auf Arbeitsebene über den ersten Datenkauf informiert war.

Der Bundesfinanzminister fürchtet nun um sein mit der Schweiz ausgehandeltes Steuerabkommen und forderte die Länder auf, keine weiteren CDs mehr zu kaufen. „Wenn das Abkommen nicht zustande kommt, ändert sich an dem aktuellen, überaus unbefriedigenden Gesetzeszustand nichts“, sagte Wolfgang Schäuble (CDU), der den Unmut der Schweizer zu spüren bekommt. Die Eidgenossen halten den Ankauf der Daten für illegal. Ihrer Interpretation nach widerspricht er dem Geist des ausgehandelten Abkommens, das in der Schweiz bereits rechtskräftig ist. In Deutschland dagegen wird der Vertrag vom Bundesrat blockiert.

Offenbar wird auch eine Passage des Abkommens unterschiedlich gewertet. Auf Seite 44 verpflichtet sich Deutschland, die Daten nicht „aktiv“ zu erwerben. Während die Eidgenossen schon das Bezahlen der Daten als aktives Handeln sehen, pochen Länder wie NRW, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg darauf, dass die bloße Entgegennahme und Bezahlung von Daten weiterhin erlaubt ist.

Strittig ist auch der finanzielle Gewinn durch das Abkommen. Schäuble spricht von zehn Milliarden Euro und einem Länderanteil von 70 Prozent. Sein Staatssekretär Hartmut Koschyk hat allerdings gegenüber dem Bundestag eingeräumt, dass „verlässliche Aussagen nicht möglich“ seien und allenfalls die von der Schweiz genannte Summe von zwei Milliarden Franken als gesichert gelten könne.

Hier setzt die Kritik der rot-grünen Länder an. Schäubles Zahlen seien „höchst unsicher, zumal viele ihre Gelder bis Ende des Jahres aus der Schweiz schaffen können“, ärgert sich NRW-Finanzminister Norbert Walter Borjans (SPD). Er moniert zudem, dass das Abkommen einen wichtigen Grundpfeiler des Steuerrechts einreißt. „Der Ehrliche ist der Dumme, weil eine Selbstanzeige am Ende in fast allen von uns untersuchten Fällen ungünstiger war, als abzuwarten.“ In knapp 80 Prozent aller Konstellationen würden allenfalls 21 Prozent der hinterzogenen Summe fällig und nicht die im Abkommen angedrohten Sätze von bis zu 41 Prozent.

Aus anderen SPD-Ländern gibt es Beifall für das Vorgehen von NRW. Sofern angebotene Steuer-CDs „werthaltig“ seien und der Beschaffung kein Kapitalverbrechen zugrundeliege, sei ein Kauf nicht nur gerechtfertigt, sondern „Verpflichtung“, lässt der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) klarstellen. Schließlich müsse der Staat Rechtsbrecher verfolgen, und es gebe bisher keine bindende Vereinbarung mit der Schweiz.

Auch Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmidt (SPD) hält die Aufkäufe für richtig. Steuerhinterzieher müssten den Ermittlungsdruck zu spüren bekommen. Allerdings liegen seinen Fahndern derzeit keine Angebote zum Erwerb von Steuer-CDs vor. In Mainz dagegen hieß es, solche Offerten seien üblich und „normales Alltagsgeschäft“. Ob und wann es dort zu Käufen kam, ließ das Ministerium im Dunkeln.

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