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Erna Solberg, Ministerpräsidentin Norwegens, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

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Norwegens Ministerpräsidentin: Solberg: "Wir müssen mehr in unsere Verteidigung investieren"

Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg über Angela Merkel, Theresa Mays Brexit-Strategie, Donald Trump und den Umgang mit Waldimir Putins Russland.

Sie zeigt den Briten ein nachahmenswertes Vorbild für den Brexit. Sie fordert von Deutschland mehr Führungswillen und größere Verteidigungsanstrengungen mit Blick auf Russland. Sie empfiehlt Gelassenheit im Umgang mit Donald Trump. Und auf die Frage, welcher Typus von Regierungschefin sie sei – eine „Eiserne Lady“ wie Margaret Thatcher oder ein „Mutti“ wie Angela Merkel? -, sagt sie: „Ich bin mehr auf der Mutti-Seite.“

"Hoffentlich vermeidet May einen harten Brexit"

Erna Solberg, konservative Ministerpräsidentin des Königreichs Norwegen, sprach am Dienstag in Berlin über „Ein stärkeres Nordeuropa auf der Weltbühne“ im Rahmen des „Global Leader Dialogue“ der Körber-Stiftung. Und zeigte, wie man mit klaren Ansagen und Humor den Respekt eines Publikums gewinnen kann. Sie vermied diplomatische Floskeln, die mehr verdecken als erklären.

Sie hat Verständnis für die schwierige Lage Theresa Mays in den Brexit-Verhandlungen. „Sie hat eine sehr schwere Aufgabe mit einem gespaltenen Land und einer gespaltenen Partei - und mit den vielen Versprechen, welche Vorteile der Austritt bringen kann.“ Sie vermisst jedoch den sprichwörtlichen britischen Pragmatismus in der verfahrenen Situation. „Ich mag die Briten. Ich habe an ihren Pragmatismus geglaubt. Ich liebe ihren Humor und ihre Comedies. Aber vielleicht sollten sie keine Politiker sein.“ Große Teile der Tory-Partei agierten zu ideologisch. „Ich hoffe, Theresa May findet einen Weg, den harten Brexit zu vermeiden.“

Solberg empfahl Norwegen als „gutes Vorbild, wie man außerhalb der EU sein und doch viele Vorteile der Mitgliedschaft haben“ könne. „Wir akzeptieren die Freiheit, Menschen und Waren zu bewegen. Das hilft unserer Wirtschaft.“ Gewiss sei Großbritannien eine größere Volkswirtschaft als Norwegen und könne eigenständiger agieren. Aber wenn ein Land in Europa von den gemeinsamen Regeln der EU mit all ihrer Dominanz abweichen wolle, „wird es schwerer, nicht leichter“. 

Für mehr deutsche Verantwortung - und Führung

Deutliche Worte fand Solberg für die Sicherheitslage und ihre Erwartungen an Deutschland. „Wir müssen mehr in unsere Verteidigung investieren. Wir wollen kein Europa, das weniger für sich selbst, für seine Umgebung und für die transatlantische Partnerschaft tut.“ Sie wünsche „ein Deutschland, das seinen Anteil an der Verantwortung übernimmt und das Führung übernimmt.“ Das sei „unentbehrlich“, auch mit Blick auf Europas unsichere Umgebung, darunter die Sahel-Staaten. „Schwache Regierungen und poröse Grenzen wirken wie eine Einladung an kriminelle Gruppen.“

Norwegen werde seine Verteidigungsausgaben erhöhen, versicherte Solberg. Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato sei eine vernünftige Größe. Norwegen befinde sich in einer strategischen Lage. „Wer unsere Küste kontrolliert, kontrolliert den Nordatlantik und den Übergang nach Russland.“

Die Nato soll in Großmanövern üben

Sie glaube zwar nicht, dass der Kalte Krieg zurückkehre, sagte die Regierungschefin aus Oslo. Abschreckung sei aber nötig, etwa gegen Wladimir Putin, auch durch Großmanöver „Wer sich mit der Nato anlegt, muss wissen, dass ernste Konsequenzen drohen.“ Die Beistandsgarantie nach Artikel 5 Nato-Vertrag nannte Solberg „heute glaubwürdiger als 2005, als alle über Afghanistan redeten“. Die Nato-Staaten müssten ihre Verteidigung üben – „und das üben wir auch. Aber wir müssen die Kooperation in Großverbänden verbessern. Auf der Ebene kleiner Einheiten funktioniert es, nicht aber im großen Maßstab.“

Die USA seien auch unter Donald Trump „verlässlich in Sicherheitsfragen“, urteilte Solberg. Sie hatte ihn im Januar im Weißen Haus besucht. „Sie machen viel Geräusch, sie fordern höhere europäische Beiträge“, sagte sie über die US-Regierung. Wenn man die Debatten nach Trumps Amtsantritt mit denen nach dem Start Obamas vergleiche, müsse Europa sich keine zu großen Sorgen machen. „Damals fürchteten wir eine Wende der USA weg von Europa nach Asien. Trump hat eine transatlantische Sicherheitsagenda.“

Sorge bereitet Solberg jedoch der Verfall der liberalen Weltordnung. „Wenn die Großen die Regeln unter sich ausmachen, wird es schwerer für die Kleinen.“

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