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© AFP

Queen löst Parlament auf: Neuwahl in Großbritannien am 6. Mai

UPDATE Der britische Premierminister Gordon Brown hat den Termin für die Unterhauswahlen bekanntgeben. Am Dienstagvormittag bat Brown die Queen um die Auflösung des Parlaments. Dann verkündete er in der Downing Street den 6. Mai als Wahltermin.

Nach einer morgendlichen Fahrt im Dienst-Jaguar zur Queen trat der britische Premier Gordon Brown am Dienstag in den Sonnenschein in der Downing Street und startete den spannendsten britischen Wahlkampf seit einer Generation. „Die Queen hat gütig einer Auflösung des Parlaments zugestimmt und die Wahl wird am 6. Mai stattfinden“, sagte Brown.

Auch der Zeitplan für die Tage nach der Wahl wurde bekannt: Erst am 18. Mai, fast zwei Wochen nach der Wahl, wird das Unterhaus wieder zusammentreten. Entsprechend wird die Thronrede der Königin hinausgeschoben, die erste Gelegenheit für einen Premier, seine Unterstützung im Unterhaus zu testen. Damit soll den Parteien für den Fall, dass keine Partei eine regierungsfähige Mehrheit erringt, Zeit für Verhandlungen und komplexe verfassungspolitische Manöver gegeben werden. Förmliche Koalitionen hat es in Großbritannien seit dem zweiten Weltkrieg nicht gegeben.

Brown war bei der Wahlproklamation – ganz ungewöhnlich – von seinem Kabinett umgeben. Nachdem die Partei ihn in den letzten drei Jahren dreimal mit einem Putsch zu Fall bringen wollte, sollte dies die Solidarität der Labour-Partei demonstrieren. „Ich bin einer vom Team“, sagte Brown. Als Hauptthema der Wahl nannte er die Wirtschaft. „Ich bitte das britische Volk um ein klares Mandat, die dringliche und harte Arbeit zur Sicherung des Aufschwungs fortsetzen“, sagte er.

Nachdem die Grundpfeiler der Wirtschaft der letzten Jahre, die Finanzbranche und der Häusersektor, nicht mehr als Lokomotiven taugen, versprach Brown, „unsere Industrien der Zukunft“ zu bauen. Er will in den nächsten fünf Jahren eine Million neue Facharbeiterjobs schaffen. Doch die wichtigste Botschaft Browns war die Furcht: „Lasst nicht die Tories den Aufschwung ruinieren“.

Brown: "Werde nie die Werte vergessen, die mir meine Eltern eingeprägt haben"

Er stamme aus einer bescheidenen Mittelschichtfamilie, betonte Brown, und werde nie die „Werte vergessen, die mir meine Eltern eingeprägt haben“. Das war eine Spitze gegen den Chef der konservativen Tories, den in der Eliteschule Eton erzogenen Zögling der Oberklasse, David Cameron. Labour wird versuchen, mit ein bisschen Klassenkampf seine Kernwähler zu mobilisieren. Cameron hatte kurz zuvor seinen Wahlkampf mit einer Rede eröffnet, auf einem Seifenkistchen stehend am Themseufer gegenüber dem Unterhaus. Die Wahl für die Briten sei klar. „Hoffnung, Optimismus und Neubeginn mit den Tories oder fünf weitere Jahre von Schulden, Steuern und Verschwendung mit Gordon Brown“, rief er.

Wochenlanger Streit um das britische Haushaltsdefizit von 11,6 Prozent und den wachsenden Schuldenberg hatten die Wähler verunsichert und den klaren Vorsprung der Tories schmelzen lassen. Doch in den letzten Tagen holten sie mit optimistischen Steuerversprechen auf: Sie wollen die von Labour geplante Erhöhung der Einkommensteuer nicht umsetzen, die sie eine „Steuer auf Jobs nennen“. Dies soll durch Spar- und Effizienzmaßnahmen gegenfinanziert werden, die Labour aber erst 2011 umsetzen will. Außerdem wollen die Tories im Rahmen einer aktiven Familienpolitik Steuervergünstigungen für Ehepaare einführen. Wie die Briten in der Wirtschaftskrise auf das Tory-Angebot für „weniger Staat“ reagieren, bleibt das große Rätsel. Die Mehrheit ist mit Brown und Labour unzufrieden. Aber der Argwohn gegenüber den Tories sitzt tief. Nach drei neuen Umfragen liegt ihr Vorsprung zwischen vier und zehn Prozent.

Die Unberechenbarkeit wird durch die Besonderheiten des britischen Mehrheitswahlrechts verstärkt, bei dem die Wahl de facto aus Miniwahlkämpfen um 650 Direktmandate in den einzelnen Wahlkreisen besteht. Listenmandate gibt es in Großbritannien nicht. Labours sichere Wahlkreise liegen in den Städten und haben weniger Wahlberechtigte, die Tories gewinnen meist in den größeren, ländlichen Wahlkreisen. Deshalb könnte Labour schon mit einem nationalen Stimmenvorsprung von einem Prozent regieren, während die Tories auch mit sechs oder sieben Prozent Vorsprung bei Unterhausmandaten nur Kopf an Kopf mit Labour liegen würden. Camerons Tories stehen vor einer enormen Aufgabe. Sie brauchen für eine Mehrheit 326 Unterhaussitze und müssen anderen Parteien 117 Wahlkreise abjagen. Wahlentscheidend könnten drei große Fernsehdebatten mit den Spitzenkandidaten werden, wie es sie in Großbritannien noch nie gab: Die erste findet am 15. April zur Innenpolitik statt.

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