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Malis neuer Regierungschef Diango Cissoko.

© AFP

Afrika: Neuer Regierungschef Malis will Kontrolle über Norden zurückerobern

Malis neuer Regierungschef Cissoko will die radikalen Islamisten im Norden des Landes zurückdrängen und Wahlen abhalten. Zuvor war der bisherige Amtsinhaber Diarra entmachtet worden - er war Ansprechpartner für den geplanten Militäreinsatz der Europäer.

Malis neuer Regierungschef Diango Cissoko will die Kontrolle über den Norden des Landes zurückerlangen und Wahlen abhalten. Dies seien seine Ziele, sagte Cissoko am späten Dienstagabend der Nachrichtenagentur AFP. „Ich möchte eine Regierung der nationalen Einheit bilden.“ Die Bevölkerung des westafrikanischen Landes müsse zusammenstehen, da „nur ein geeintes Volk seine Probleme angehen“ könne.

Übergangspräsident Dioncounda Traoré hatte Cissoko am Dienstag zum neuen Regierungschef ernannt, nachdem der bisherige Amtsinhaber Cheick Modibo Diarra kurz zuvor von Soldaten gefangen genommen worden war. Dieser erklärte anschließend seinen Rücktritt. Cissoko war seit Mai 2011 Vermittler der Republik.

Der von radikalen Islamisten bedrohte Wüstenstaat stürzt immer tiefer in die Krise: Der gesamte Norden des westafrikanischen Landes ist noch immer von Gruppen besetzt, die eng mit dem nordafrikanischen Ableger der Terrorgruppe Al Qaida verbündet sind. Der 60-jährige Diarra war in den vergangenen Wochen Ansprechpartner westlicher Regierungen, die einen geplanten Militäreinsatz afrikanischer Truppen gegen die Islamisten im Norden zumindest indirekt unterstützen wollen.

Der frühere Astrophysiker war erst im April zum Premierminister ernannt worden. Zuvor hatte er jahrelang als Raumfahrtingenieur für die Nasa in Kalifornien gearbeitet, ehe er zur Jahrtausendwende nach Mali heimkehrte. 2006 wurde Diarra von US-Milliardär und Microsoft- Gründer Bill Gates zum Vorsitzenden der afrikanischen Microsoft-Tochter ernannt und widmete sich danach der Entwicklung der in Afrika noch immer rudimentären Computertechnologie.

Was genau hinter der Festnahme des Regierungschefs steckt, blieb zunächst unklar. Möglicherweise war Diarra den Militärs wegen seiner zunehmenden Eigenständigkeit ein Dorn im Auge. Womöglich gibt es aber auch einen Zusammenhang zu den jüngsten Gesprächen der malischen Regierung mit zwei Tuareg-Rebellengruppen im benachbarten Burkina Faso. Die Gesprächspartner hatten sich dort erst vergangene Woche auf einen Waffenstillstand geeinigt. Allerdings hatte es bei den Gesprächen auch Meinungsverschiedenheiten über die Einführung des islamischen Rechts gegeben. Während die malische Regierung ein klares Bekenntnis zu einem säkularen Gesamtstaat forderte, bestand die an den Gesprächen beteiligte radikale Islamistengruppe Ansar al Dine darauf, die vor kurzem von ihr im Norden eingeführte Scharia dort beizubehalten.

Unklar ist auch, was der Putsch des Militärs gegen die Regierung in der Hauptstadt Bamako für den für das nächste Jahr geplanten Militäreinsatz einer afrikanischen Truppe gegen die Islamisten bedeutet. Erst vergangenen Woche hatte der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, der gegenwärtig der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas vorsteht, ein schnelleres militärisches Eingreifen im Norden von Mali gefordert, weil sich dort Terroristen und Drogenhändler ausbreiteten. Die Ecowas hatte Anfang November die Entsendung von 3300 afrikanischen Soldaten nach Mali beschlossen. Obwohl die UN den Einsatz grundsätzlich billigen, steht eine entsprechende Resolution des Sicherheitsrates noch immer aus.

Dabei besteht Handlungsbedarf: Nach Angaben des Bundesnachrichtendienstes hat sich Mali zu einer Anlaufstelle für ausländische Islamisten entwickelt. Um dies zu unterbinden, plant die EU, rund 250 europäische Ausbilder nach Mali zu schicken, um die dortige Armee für eine Intervention gegen die Islamisten im Norden vorzubereiten. (mit AFP)

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