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Die designierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch bei ihrer Rede im Europaparlament.

© dpa

Neue EU-Kommissionschefin: Von der Leyen will beim Klimaschutz schnell handeln

Die neue EU-Kommissionschefin von der Leyen will beim Klimaschutz „keinen einzigen Augenblick" verlieren. Ihr Team wurde am Mittwoch vom EU-Parlament bestätigt.

Zu Beginn der Sitzung im Europaparlament reichte Ursula von der Leyen dem Italiener David Sassoli beide Hände. Sassoli ist Präsident des Europaparlaments, und die Geste sollte wohl unterstreichen, dass die künftige EU-Kommissionschefin von der Leyen in den kommenden fünf Jahren auf das Wohlwollen des Parlaments angewiesen ist.

Als sie am Mittwochvormittag vor ihrer Rede durch die Reihen in der Straßburger Kammer ging, war es schon mehr oder weniger sicher, dass später eine Mehrheit der Abgeordneten ihrer Kommission die Zustimmung geben würde. So kam es dann auch: 461 Abgeordnete billigten die neue Kommission, 157 stimmten dagegen, 89 enthielten sich.

Aber damit beginnt die Arbeit für von der Leyen erst richtig. Klimawandel, Digitalisierung, der Einsatz für Multilateralismus in der Welt der Trumps und Putins – das sind die großen europäischen Zukunftsthemen, welche die künftige Kommissionschefin in ihrer Rede vor den Europaabgeordneten ansprach.

Allerdings werden Gesetzgebungsvorschläge der neuen Kommission auf diesen Themenfeldern in den kommenden fünf Jahren stets auf die Zustimmung des Europaparlaments angewiesen sein.

Europaparlament will kein Abnick-Verein sein

Dass das Parlament dabei kein Abnick-Verein sein will, hatten die Parlamentarier bereits bei den Anhörungen der 26 Kommissare deutlich gemacht, die unter der Leitung von der Leyens künftig die Geschicke der demnächst noch 440 Millionen EU-Bürger – nach dem Austritt der Briten – mitbestimmen werden.

Drei Kommissarskandidaten aus Ungarn, Rumänien und Frankreich hatten die Anhörungen im EU-Parlament nicht überstanden. Von der Leyen kündigte daher in ihrer Rede an, dass sie auch weiterhin ein offenes Ohr für die Wünsche des Europaparlaments haben werde.

Bereits vor der Abstimmung über die 26 Kommissare hatte sich abgezeichnet, dass die konservative EVP-Fraktion, die Liberalen und eine Mehrheit unter den sozialdemokratischen Abgeordneten das Gremium billigen würden. Um noch einmal letzte Zweifel auszuräumen, ging die künftige Kommissionschefin in ihrer Rede noch einmal die Liste der elf Frauen und 15 Männer durch, welche die Anhörungen im EU-Parlament am Ende überstanden haben.

Über den Niederländer Frans Timmermans sagte sie etwa, dass er „die richtige Person“ sei, um den „europäischen grünen Deal“ umzusetzen. Timmermans wird voraussichtlich im Dezember einen Vorschlag für ein Klimaschutzgesetz vorlegen. Nach dem Wunsch der neuen Kommissionschefin sollen bis 2030 in der EU nicht wie bisher geplant 40 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden, sondern mindestens 50 Prozent. Zudem soll Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden.

Von der Leyen: Die Ärmsten sind vom Klimawandel besonders betroffen

„Wir dürfen keinen einzigen Augenblick mehr verlieren“, sagte von der Leyen mit Blick auf den Klimawandel. 85 Prozent der Menschen, die weltweit in existenzbedrohender Armut leben, seien in jenen 20 Ländern zu Hause, welche am anfälligsten für den Klimawandel seien, sagte sie zur Begründung.

Allerdings machte sie auch deutlich, dass der Kampf gegen den Klimawandel und die Energiewende nicht gegen die Bevölkerung in der EU angegangen werden können: „Dieser Wandel muss fair und inklusiv sein, ansonsten wird es diesen Wandel überhaupt nicht geben.“

Die Dänin Vestager soll die EU bei Digitalisierung voranbringen

Beim zweiten Mega-Thema der neuen Kommission, der Digitalisierung, stellte von der Leyen die Fähigkeiten der Dänin Margrethe Vestager heraus. Wie Timmermans wird auch Vestager künftig in der Kommission eine herausgehobene Stellung einnehmen. Als geschäftsführende Vize-Präsidentin werde sich Vestager dafür einsetzen, dass die EU bei der Digitalisierung nicht abgehängt werde, kündigte die neue Kommissionschefin an.

Die Europäer müssten Schlüsseltechnologien wie Quantencomputer, Künstliche Intelligenz, Blockchain und kritische Chiptechnologien beherrschen und auch in der EU darüber verfügen, forderte sie. „Lasst uns unsere Ressourcen bündeln", verlangte von der Leyen. Die EU habe alle Kapazitäten, um auf diesen Feldern wettbewerbsfähig zu sein. „Lassen wir uns das nicht kleinreden“, beschwor die Deutsche die Abgeordneten.

Rechtsstaats-Streit wird eher nebenbei erwähnt

Eher nebenbei kam von der Leyen auf jene zwei Kommissare zu sprechen, die künftig in Brüssel für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten zuständig sein werden: den früheren belgischen Außenminister Didier Reynders und die bisherige Justizkommissarin Vera Jourova aus Tschechien.

Deren Aufgabe wird möglicherweise zu Konflikten mit Autokraten wie dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban führen. Dass von der Leyen auf die Rechtsstaats-Frage nur am Rande einging, könnte damit zusammenhängen, dass sie die Mittel- und Osteuropäer nicht verprellen will – weder im Europaparlament noch im Kreis der Staats- und Regierungschefs.

Als die frühere Verteidigungsminister im Juli im Europaparlament in ihrem neuen Amt bestätigt wurde, verfügte sie über eine Mehrheit von gerade einmal neun Stimmen. Die Mehrheit kam damals auch mithilfe der Stimmen der Abgeordneten der Regierungsparteien aus Polen und Ungarn zu Stande.

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