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Soldaten in Port-Au-Prince

© dpa/AP/Joseph Odelyn

Nach Mord an Präsident Moïse: USA lehnen militärische Hilfe für Haiti ab

Haiti bittet nach der Ermordung des Staatschefs um Hilfe der USA und der UN. Die Amerikaner sagen ab. Derweil wählt Haitis Senat einen Nachfolger für Moïse.

Haitis Regierung hat um die Entsendung von UN- und US-Truppen gebeten, um nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse strategisch wichtige Orte sichern zu können. Die Bitte sei während eines Gesprächs mit dem US-Außenminister und der UN geäußert worden, sagte der für Wahlangelegenheiten zuständige Minister Mathias Pierre am Freitag.

Pierre sagte der Nachrichtenagentur AFP, die ausländischen Soldaten sollten unter anderem zur Sicherung der Häfen und des Flughafens eingesetzt werden. Befürchtet werde, dass „Söldner Infrastruktur zerstören könnten, um Chaos zu verursachen“.

Aus den USA kam aber eine Absage. Der „New York Times“ zufolge wollen die Amerikaner derzeit keine Truppen nach Haiti schicken. „Es gibt zur Zeit keine Pläne, US-Militärhilfe zu leisten“, sagte ein hochrangiger US-Regierungsbeamter der Zeitung.

Nach dem Mordanschlag auf Moïse sollen aber US-Behörden bei den Ermittlungen helfen. Washington werde auf Bitten aus Port-au-Prince Beamte der US-Bundespolizei FBI sowie des Heimatschutzministeriums „so bald wie möglich“ in den Karibikstaat schicken, hatte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, gesagt. In Haiti herrschte bereits vor dem Mord eine tiefe politische Krise. Im September sind in Haiti Präsidenten- und Parlamentswahlen geplant.

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Der 53 Jahre alte Moïse war in der Nacht zum Mittwoch in seiner Residenz überfallen und erschossen worden. Seine Ehefrau Martine wurde schwer verletzt und wird nun in den USA behandelt. Die Hintergründe der Tat sind unklar. Der Mord geht nach Angaben der haitianischen Polizei auf das Konto einer Söldnertruppe aus dem Ausland.

Nach Angaben der haitianischen Polizei führten 28 ausländische Söldner den Mord aus: 26 Kolumbianer und zwei US-Amerikaner haitianischer Herkunft. Bisher wurden demnach 20 Tatverdächtige festgenommen und drei getötet. Die Hintergründe der Tat waren unklar.

Moïse, seit 2017 im Amt, war äußerst unbeliebt. Ihm wurden Korruption, Verbindungen zu brutalen Banden und autokratische Tendenzen vorgeworfen. Bereits im Februar hatten Oppositionsparteien einen Richter am Obersten Gerichtshof zum Übergangspräsidenten ernannt, weil aus ihrer Sicht Moïses Amtszeit abgelaufen war. Proteste legten Haiti in den vergangenen drei Jahren immer wieder lahm

Rumpf-Senat wählt Lambert als Nachfolger für den Übergang

Haitis Senat hat unterdessen seinen bisherigen Präsidenten Joseph Lambert zum Übergangsnachfolger des ermordeten Moïse gewählt. „Ich spreche den politischen Institutionen, die mich unterstützen, meine bescheidene Dankbarkeit aus“, schrieb Lambert auf Twitter. Er wolle den Weg für einen demokratischen Machtwechsel ebnen.

Allerdings ist der Senat - das Oberhaus des haitianischen Parlaments - seit Januar 2010 nicht mehr beschlussfähig. Es war daher zunächst unklar, ob Lambert tatsächlich das Amt antreten kann. Weil eine für Oktober 2019 vorgesehene Parlamentswahl unter anderem wegen heftiger Proteste gegen Moïse ausgefallen war, gibt es nur noch 10 von 30 Senatoren, deren Amtszeiten nicht abgelaufen sind. Im Unterhaus, der Abgeordnetenkammer, sitzt niemand mehr. Acht der zehn Senatoren stimmten Medienberichten zufolge für Bertrand, zwei enthielten sich.

Zuvor hatten sich am Freitag mehrere politische Akteure in dem Karibikstaat, der sich die Insel Hispaniola mit der spanischsprachigen Dominikanischen Republik teilt, auf Lambert als Interimsstaatschef geeinigt. Das geht aus einem Schreiben hervor, das von Vertretern mehrerer Parteien und Bewegungen unterschrieben wurde - darunter auch der konservativen PHTK, der Moïse angehörte. Es fehlten aber auch Unterschriften einiger wichtiger Kräfte. Interimspremierminister und damit Regierungschef soll demnach der Neurochirurg Ariel Henry werden. Diesen hatte Moïse noch am Montag für das Amt ernannt.

Henrys für Mittwoch geplante Vereidigung war nach dem Attentat aber ausgefallen. Der Außenminister und bisherige Interimspremierminister Claude Joseph erklärte sich zum amtierenden Interimsregierungschef. Als solcher hielt er in den vergangenen Tagen Ansprachen an die Nation, unterzeichnete Erlasse und führte Gespräche mit Vertretern ausländischer Regierungen. In einem Interview der haitianischen Zeitung „Le Nouvelliste“ sagte Henry, seiner Ansicht nach sei er Premierminister - nicht Joseph. (dpa, AFP)

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