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Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck könnten im Fall von Neuwahlen Spitzenkandidaten werden

© dpa/Christophe Gateau

Nach Kauders Abwahl: Die Grünen wollen nicht über Neuwahlen spekulieren

Die Grünen sehen die große Koalition im Dauer-Krisenmodus. Doch Neuwahlen wollen sie trotz guter Umfragewerte nicht herbeireden.

Als die große Koalition Anfang diesen Jahres zustande kam, zollte Grünen-Chef Robert Habeck den neuen Regierungspartnern noch Respekt. Auch wenn ihm vieles im Koalitionsvertrag von SPD und Union nicht passte, lobte er die Bereitschaft der Sozialdemokraten, staatsbürgerliche Verantwortung vor das Parteiinteresse zu stellen. Sieben Monate später ist von dieser Hochachtung bei den Grünen nicht mehr allzu viel zu spüren. Als die Parteichefs von CDU, CSU und SPD vor einer Woche die - mittlerweile wieder abgesagte - Beförderung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen verkündeten, sprach Habeck von seinem "persönlichen Ende dieser Regierung".

"Diese Regierung ist nach einem Jahr am Ende"

Auch Britta Haßelmann, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, stellt der großen Koalition am Tag nach der Abwahl von Unions-Fraktionschef Volker Kauder kein besseres Zeugnis aus: "Diese Regierung ist nach einem Jahr am Ende", sagt sie. Die Koalitionspartner schleppten sich von einer Krise zur nächsten, sagt Haßelmann. Erst der massive Streit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik Anfang des Sommers, dann die Krise um den Verfassungsschutzpräsidenten - und nun weitere Unruhe durch die Personalie Kauder. Der Zustand der Koalition sei so beschädigt, dass sie "null Ausstrahlung" habe, Zukunftsthemen anzugehen, kritisiert die Grüne Haßelmann: "Selbstbeschäftigung wird zum Gebot."

Die Kauder-Abwahl hätte für die Grünen der Moment sein können, die "Merkel-Dämmerung" zu beschwören, so wie es andere Oppositionsparteien tun. In der Grünen-Fraktionssitzung am Dienstag sei die Personalentscheidung der Unions-Fraktion natürlich auch als Denkzettel für Merkel interpretiert worden und als Botschaft, dass die Kanzlerin nicht weiter machen könne wie bisher, heißt es bei Teilnehmern. Doch von Neuwahlen reden führende Grünen-Politiker im Moment nicht - selbst wenn die Partei im Vergleich zum Herbst 2017 laut Umfragen deutlich besser abschneiden würde.

Inhalte statt Selbstbeschäftigung

Bei den Grünen wird derzeit die Devise ausgegeben, die aufgeregte Stimmungslage nicht durch Spekulationen über Neuwahlen zu verstärken. Viele in der Partei wollen die GroKo-Krisenzeiten nutzen, um inhaltliche Akzente zu setzen. Die Grünen, so das Kalkül, sollen sich als politische Kraft darstellen, die Ideen vorweisen kann, die den Alltag der Bürger betreffen. In dieser Woche hat die Bundestagsfraktion unter anderem den Klimaschutz und den Dieselskandal auf die Tagesordnung im Plenum setzen lassen. Pflege, Wohnen, Kinderarmut - die Liste der Vorhaben ließe sich fortsetzen.

Das bedeutet nicht, dass die Grünen-Führungsriege sich nicht auf verschiedene Szenarien einstellt. Als CDU und CSU sich im Sommer beinahe über den Kurs in der Flüchtlingspolitik zerlegten, setzte man sich in der Grünen-Parteizentrale mit dem Gedanken auseinander, schnell einen Wahlkampf stemmen zu müssen. Mit den Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck stünde auch ein Spitzenduo bereit, das aus dem Stand in eine Neuwahl ziehen könnte. Dennoch wäre das kein Szenario, das die Grünen herbeisehnen. Denn in der Führung gibt es auch die Sorge, dass das Ansehen der gesamten Politik weiter Schaden nehmen könnte - und nicht zuletzt die AfD deutlich gestärkt in den Bundestag einziehen würde.

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