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Nach der Festnahme im November 2018 führt ein Offizier des russischen Geheimdienstes FSB (links) einen ukrainischen Marinesoldaten ab.

© dpa

Nach Festnahme ukrainischer Seeleute vor der Krim: Seegerichtshof in Hamburg verhandelt Klage gegen Russland

Seit einem halben Jahr sind 24 ukrainische Seeleute in russischer Haft. Die Ukraine will vor einem internationalen Gericht ihre Freilassung erreichen.

Ein Gerichtshof in Hamburg soll in den kommenden zwei Wochen einen Konflikt beilegen, an dem Diplomaten seit Monaten gescheitert sind. Der Internationale Seegerichtshof will am 25. Mai eine Entscheidung im Fall der von Russland festgesetzten ukrainischen Kriegsschiffe treffen.

Die Ukraine hatte beantragt, dass das Gericht die Herausgabe der Schiffe sowie die Freilassung der 24 in Russland inhaftierten Seeleute anordnet. Am Freitag trug die Ukraine ihre Position in Hamburg in einer öffentlichen Anhörung vor. Das einzige internationale Gericht in Deutschland wacht über die Einhaltung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen und schlichtet entsprechende Streitigkeiten zwischen Staaten.

Russland hält Gericht für nicht zuständig

Doch als der südkoreanische Gerichtspräsident Jin-Hyun Paik am Freitagmorgen die Anhörung eröffnete, blieben die Plätze der Antragsgegner leer. Die Vertreter Russlands waren zu dem Termin gar nicht erst erschienen. Aus russischer Sicht fällt der Konflikt mit der Ukraine um die Kriegsschiffe nicht in die Zuständigkeit des Tribunals in Hamburg. Die russische Botschaft in Berlin berief sich in einem Schreiben an das Gericht auf eine Ausnahmeklausel in der Seerechtskonvention für „Streitigkeiten über militärische Handlungen“. Zugleich wirft Moskau der Ukraine vor, bilateralen Gesprächen aus dem Weg zu gehen und den Fall für politische Zwecke auszunutzen.

Dagegen sagte die ukrainische Vizeaußenministerin Olena Zerkal vor Gericht, die Ukraine habe Russland jede Möglichkeit gegeben, den Konflikt mit diplomatischen Mitteln zu lösen. Russland habe allerdings auch Appelle der internationalen Gemeinschaft ignoriert.

Den Seeleuten drohen bis zu sechs Jahre Arbeitslager

Der Vorfall, über den nun in Hamburg verhandelt wurde, ereignete sich am 25. November vergangenen Jahres im Schwarzen Meer in der Nähe der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Drei Schiffe der ukrainischen Marine versuchten an diesem Tag die Meerenge vor der Krim zu durchqueren, um einen ukrainischen Hafen im Asowschen Meer anzusteuern. Russische Schiffe hinderten sie allerdings an der Durchfahrt durch die Meerenge, ein ukrainischer Schlepper wurde dabei gerammt. Daraufhin änderten der Schlepper sowie zwei ukrainische Kriegsschiffe ihren Kurs, sie wollten in den Heimathafen Odessa zurückkehren. Nach Schätzungen der ukrainischen Marine befanden sie sich bereits zwölf beziehungsweise 20 Seemeilen von der Küste entfernt, als die zum russischen Geheimdienst FSB gehörende Küstenwache die Schiffe stoppte und aufbrachte.

Die damals festgenommen 24 Seeleute sind heute in einem Moskauer Gefängnis. Russland wirft ihnen illegalen Grenzübertritt vor, im Falle einer Verurteilung drohen den Seeleuten bis zu sechs Jahre Haft in einem Arbeitslager.

Ukrainische Schiffe waren bereits auf dem Rückweg

In der Seerechtskonvention wird Kriegsschiffen grundsätzlich Immunität zugesichert. Sie unterliegen der Hoheitsgewalt des Staates, unter dessen Flagge sie fahren. Das gilt auch für die jeweilige Besatzung, die damit vor Strafverfolgung in anderen Ländern geschützt ist. Selbst wenn die Schiffe in Russlands Territorialgewässern unterwegs gewesen wären, hätte die Küstenwache sie nicht stoppen, sondern höchstens zum Verlassen dieser Gewässer auffordern dürfen, argumentierte der niederländische Völkerrechtler Alfred Soons vor Gericht. Die Schiffe seien aber bereits auf dem Rückweg nach Odessa gewesen.

Zugleich betonten die Vertreter der Ukraine, es handele sich anders als von Russland behauptet nicht um „militärische Aktivitäten“, sondern um den „friedlichen Transit“ zwischen zwei ukrainischen Häfen. Zudem würden die Seeleute in Russland nur in einem zivilrechtlichen Verfahren belangt.

Hinter dem Streit um die Schiffe steht ein viel größerer Konflikt zwischen den beiden Nachbarländern: „Es steht außer Frage, dass die Krim Teil der Ukraine ist“, sagte Vizeaußenministerin Zerkal vor Gericht. Es seien nicht russische, sondern ukrainische Territorialgewässer. Dagegen erklärte die russische Botschaft in Deutschland in ihrem Schreiben nach Hamburg: „Fragen der Hoheitsgewalt über die Krim können nicht Gegenstand irgendwelcher Verfahren vor dem Gerichtshof sein.“

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