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Taliban-Kämpfer reagieren auf eine Rede ihres hochrangigen Führers im Distrikt Shindand in der Provinz Herat, Afghanistan. (Archivfoto)

© picture alliance/AP Photo/Allauddin Khan

Nach Beginn des Abzugs von US- und Nato-Truppen: Taliban erobern Bezirk in der Nähe der afghanischen Hauptstadt Kabul

Seit die USA ihren Truppenabzug angekündigt haben, hat die Gewalt in Afghanistan zugenommen. Die radikal-islamischen Taliban ist auf Eroberungsfeldzug.

Die militant-islamistischen Taliban haben in Afghanistan einen strategisch wichtigen Bezirk unweit der Hauptstadt Kabul erobert. Das Zentrum von Nerch in der zentralen Provinz Wardak sei am späten Dienstagnachmittag (Ortszeit) an die Islamisten gefallen, sagten zwei Provinzräte am Mittwoch. Der Bezirk ist nur 26 Kilometer von der Hauptstadt Kabul entfernt, ihn durchqueren wichtige Überlandstraßen.

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Laut lokalen Behördenvertretern hielten die Islamisten bereits davor einen großen Teil des Bezirks. Rund eine Woche hätten sie auch das Bezirkszentrum belagert. Die Sicherheitskräfte in Nerch hätten in Kabul um Unterstützung angefragt, aber niemand sei zu Hilfe gekommen, hieß es weiter.

Die Taliban setzen den Angaben zufolge nach der Eroberung das Bezirksverwaltungsgebäude in Brand. Widersprüchliche Angaben gab es dazu, was mit den rund 70 Sicherheitskräften dort passierte. Laut Inneministerium zogen sie sich taktisch zurück. Es gab auch Berichte, dass sich Teile von ihnen nach einem Kampf mit mehreren Toten ergaben.

Der Provinzrat Sardar Bachtiari sagte, die militärischen Fortschritte der Taliban in Nerch könnten eine ernsthafte Bedrohung für die Provinz Wardak und für Kabul darstellen. Erst Anfang Mai war der Bezirk Burka im nördlichen Baghlan an die Taliban gefallen, Anfang März der Bezirk Almar im nördlichen Fariab.

Mehrere Offensiven der Taliban in Afghanistan

Seit Beginn des offiziellen Abzugs der US- und Nato-Truppen aus Afghanistan am 1. Mai haben die Taliban mehrere Offensiven im Land gestartet. Sie greifen die Sicherheitsringe rund um mehrere Provinzhauptstädte an, aber auch mittelgroße Militärbasen. Dutzende Sicherheitskräfte sind seither getötet worden. Seit dem Beginn des Abzugs der internationalen Truppen häufen sich Anschläge. Beobachter hatten eine Verschlechterung der Sicherheitslage rund um dieses Datum und in weiterer Folge befürchtet.

Nach einem Anschlag nahe einer Schule in Kabul hatte das Land am Dienstag einen nationalen Trauertag abgehalten. Präsident Aschraf Ghani und Dutzende hochrangige Regierungsvertreter nahmen an einer Gebetszeremonie in der Großen Moschee des Regierungspalastes teil, wie es in einer Mitteilung hieß. Die Flaggen wehten im ganzen Land auf Halbmast. Aus Solidarität senkten die diplomatischen Vertretungen vieler westlicher Länder in Kabul, darunter auch Deutschland, ebenfalls ihre Flaggen.

Erst am Wochenende starben bei einem Anschlag unweit einer Schule in Kabul mindestens 85 Zivilisten, als binnen weniger Minuten eine Autobombe und zwei Minen explodierten. Augenzeugen zufolge waren viele Opfer junge Mädchen unter 16 Jahren. Mindestens 100 weitere Menschen wurden verletzt.

Am 30. April traf eine Autobombe ein Gästehaus in Pul-i Alam in der zentralafghanischen Provinz Logar. Dabei starben mindestens 24 Menschen, darunter viele Schüler. Weitere 110 Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt.

Einige Offensiven konnten die Sicherheitskräfte zurückschlagen, andernorts stehen sie schwer unter Druck. Für die am Donnerstag beginnenden Eid-Feiertage haben die Islamisten eine dreitätige Waffenruhe angekündigt. (dpa)

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