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US-Präsident Joe Biden tut sich schwer, im Ukraine-Konflikt klare Kante zu zeigen.

© REUTERS/ Jonathan Ernst/File Photo

„Müssen bereit sein“: Biden revidiert umstrittene Aussagen im Ukraine-Konflikt

Die Wortwahl vom US-Präsidenten sorgte für deutliche Kritik. Nun rudert Biden zurück – und bekommt Rückendeckung vom Außenministerium.

US-Präsident Joe Biden hat klargestellt, dass jeder Grenzübertritt russischer Truppen in die Ukraine als Einmarsch zu werten sei. „Jegliche versammelte russische Einheit, die sich über die ukrainische Grenze bewegt - das ist eine Invasion“, sagte Biden am Donnerstag in Washington. Da gebe es kein Missverständnis.

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Der US-Präsident hat damit auf die Irritationen reagiert, die er mit einer Aussage am Vortag ausgelöst hatte. Biden schien bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus am Mittwoch anzudeuten, dass angedrohte Sanktionen der Nato vom Ausmaß eines potenziellen russischen Einmarschs abhängen könnten.

„Meine Einschätzung ist, dass er [Putin] einrücken wird", sagte Biden in einer Pressekonferenz, die er anlässlich seines einjährigen Dienstjubiläums im Weißen Haus gab. Auch US-Außenminister Antony Blinken war bei seinem Besuch in Berlin auf Bidens Äußerung angesprochen worden.

Deutliche Kritik löste Bidens Aussage aus, dass es bei einem „kleineren Eindringen" Russlands in die Ukraine nur zu einer begrenzten Reaktion der Nato kommen könnte. Biden betonte nun, dass Russland bei einem Einmarsch einen „hohen Preis“ zahlen würde.

"Kiew ist schockiert"

„Russland hat eine lange Geschichte des Einsatzes anderer Maßnahmen als offener militärischer Aktionen zur Durchführung von Aggressionen“, sagte Biden ergänzend. „Wir müssen bereit sein, auch auf diese zu reagieren“, mahnte er. Die USA und die Nato werfen Russland seit Monaten vor, einen Überfall auf die Ukraine zu planen. Moskau weist das zurück.

Ein ungenannter ukrainischer Regierungsvertreter zeigte sich "schockiert darüber, dass der US-Präsident Biden zwischen Überfall und Invasion unterscheidet", berichtet der Fernsehsender CNN. Die Äußerung Bidens gebe "Putin grünes Licht nach Belieben in die Ukraine einzumarschieren". "Kiew ist schockiert", so der Regierungsvertreter.

Der Republikaner Tom Cotton spricht ebenfalls von "grünem Licht" für den russischen Regierungschef. "Die Ohnmacht von Joe Biden hat Wladimir Putin ermutigt, und nun hat er Putin grünes Licht für den Einmarsch in die Ukraine gegeben", schrieb der Senator auf Twitter.

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Sein konservativer Parteifreund Rob Portman erklärte ebenfalls auf Twitter, er sei "zutiefst beunruhigt", dass der US-Präsident andeute, "eine russische Invasion nur ein 'kleineres Eindringen' sein". "Jeder russische Militäreinfall in die Ukraine sollte als ein größerer Einfall betrachtet werden, der die Ukraine und Europa wahrscheinlich destabilisieren könnte", schrieb Senator Portman weiter. Bidens Äußerung sei die "falsche Sichtweise auf diese Bedrohung".

"Falls er (Putin) also nur Teile der Ukraine einnimmt, dann wird unsere Reaktion weniger stark sein als wenn er alles einnimmt?", twitterte auch der republikanische Senator Marco Rubio. Der republikanische Senator Lindsey Graham erklärte, er sei "fassungslos" angesichts von Bidens Wortwahl.

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"Präsident Bidens Äußerungen zu Russlands Aufrüstung in der Nähe der Ukraine heute Abend waren nichts weniger als ein Desaster", zitiert die "New York Times" den republikanischen Abgeordneten Michael McCaul aus Texas. Dieser sitzt für seine Partei im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses.

Biden-Kritik auch aus den eigenen Reihen

Kritik gibt es aber nicht nur aus den Reihen der Republikaner: Biden haben zu "flapsig geredet", sagte John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland und Demokrat, im Interview mit dem Deutschlandfunk. "Ich hoffe, dass er das bereut", denn eigentlich wisse Biden besser, wie man sich auf internationaler Bühne zu verhalten habe. "Er hat einen Fehler gemacht."

[Lesen Sie auch: "Biden, Putin und der Ukraine-Konflikt: Was die USA an Russland missverstehen" (T+)]

Das sah offenbar auch das Weiße Haus ein und bemühte sich umgehend nach der Pressekonferenz, die Aussagen des US-Präsidenten geradezurücken. "Präsident Biden war dem russischen Präsidenten gegenüber sehr deutlich: Wenn militärische Einheiten Russlands die Grenze zur Ukraine überschreiten, ist das eine erneute Invasion, und es wird eine schnelle, ernste und vereinte Antwort der USA und unserer Verbündeten geben", erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses Jen Psaki.

Jede Form der russischen Aggression werde zu einer deutlichen Antwort des Westens führen. Ganz egal, ob militärisch oder durch "Cyberangriffe und paramilitärische Taktiken", sagte Psaki weiter.

Blinken sprichht von "profundem" Problem

US-Außenminister Antony Blinken hat indes erneut vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine gewarnt. "Es ist ein reales Risiko und es ist ein hohes Risiko", sagte Blinken am Donnerstag im "heute journal" des ZDF laut einer Mitteilung des Senders. Jüngst seien bereits russische Soldaten nach Belarus geschickt worden. "Es ist also ein echtes Risiko."

Zu den Äußerungen von US-Präsident Joe Biden, sagte Blinken: "Wenn ein russischer Soldat über die Grenze in die Ukraine eindringt, dann haben wir es mit einem wirklich profunden Problem zu tun." In einem solchen Fall handele es sich um einen ganz klaren Angriff auf die Ukraine - "ob es sich nun um einen oder um tausend Soldaten handelt".

Biden habe sich mit seinen Aussagen auf Szenarien bezogen, "die eben nicht so weit gehen, dass russische Kräfte in der Ukraine einmarschieren". Dabei könne es beispielsweise darum gehen, einen Staatsstreich herbeizuführen.

Auf die Frage, ob er am Freitag bei seinem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow Sicherheitsgarantien abgegeben werde, sagte Blinken: "Wir haben bereits ein Entgegenkommen gezeigt. Nicht nur in den vergangenen Wochen, sondern über viele Jahre hinweg."

Über viele Jahre habe die Nato immer wieder die Hand ausgestreckt. "Unglücklicherweise sind wir immer wieder zurückgewiesen worden. (...) Es hängt sehr davon ab, was Russland tut oder lässt."

Zu möglichen deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine sagte Blinken, jedes Land treffe eigene Entscheidungen. Man müsse aber natürlich sicherstellen, dass sich die Ukraine verteidigen könne. (mit AFP, Reuters)

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