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Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) äußert sich bei einer Pressekonferenz mit Russlands Außenminister Lawrow anlässlich des deutsch-russischen Forums im Auswärtigen Amt.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Political Animal: Moskau prägt auch hier den Wahlkampf

Heiko Maas und sein neokritischer Russlandkurs im Fokus. Warum die SPD sich über die Russlandpolitik verständigen muss. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Es beginnt das Jahr der Europawahlen – und die SPD versucht, keinen Wahlkampf gegen sich selbst machen. Wie das geht? Indem sie sich, zum Beispiel, auf eine gemeinsame Haltung in der Russlandpolitik verständigt.

Das wird umso nötiger, als der Umgang mit der Moskauer Führung von manchen in der Sozialdemokratie schon als „Generationenfrage“ angesehen wird. So vom 45 Jahre alten Nils Schmid, der unlängst der aus SPD-Sicht eher russlandkritischen „FAZ“ anvertraute, seine Generation sei durch die Perestroika-Zeit unter Michail Gorbatschow geprägt, nicht mehr von der Ostpolitik des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt.

Womit Schmid bei der Generation, die in der SPD das Sagen hat, sowohl Befremden als auch Unmut auslöste. Denn Brandt ist auch deswegen eine Parteiikone, weil er mit einer geduldigen Politik des langsamen Aufweichens von Fronten Erfolg hatte, sogar einen Welterfolg, und nicht nur die Granden der SPD darin eine objektiv größere Leistung sehen als in jeder militärischen Drohung, um jemanden auf die Knie zu zwingen. Den Stolz darauf wollen sich die führenden SPD-Außenpolitiker nicht nehmen lassen, schon gar nicht durch die, die keinen eigenen Plan hätten, nicht mal einen kleinen, wie es geradezu gallig heißt.

Sozialdemokratische Akzente in der Außenpolitik gefordert

Eine Kritik, die auch auf den amtierenden Außenminister Heiko Maas aus ihren Reihen gemünzt ist. Maas und sein neokritischer Russlandkurs werden als weitgehend ursächlich für den internen Disput angesehen, der die SPD auf einem Feld schwäche, das bis heute zu ihren Stärken gehöre: dem der Entspannungspolitik. Darum fordert nicht nur der linke Flügel der SPD sozialdemokratische Akzente in der Außenpolitik.

Flügelübergreifend wird Maas gedrängt, deutlicher diesen Akzent zu setzen: bei klaren Grundsatzpositionen doch zugleich maßgeblich zum Dialog mit Moskau beizutragen und dafür europaweit einzutreten. Denn die Trias Frieden, Abrüstung und globale Gerechtigkeit soll den Wahlkampf (mit-)bestimmen.

Der Impuls der Linken findet inzwischen viel Widerhall in der Bundestagsfraktion. Warnende Stimmen richten sich immer wieder an den Außenminister. Die Worte des Vizevorsitzenden der SPD Ralf Stegner gerade im Tagesspiegel hätten genau so auch von Maas-Vorgängern kommen können: Kein einziges Problem in Europa und wenige Probleme in der Welt ließen sich ohne Russland lösen, „deshalb müssen wir den Kontakt intensivieren und nicht den Kurs verschärfen. Nichts wird besser, weil wir unsere Beziehungen zu Russland verschlechtern“.

Hinter vorgehaltener Hand ist die Position von Maas vor längerem als populär-populistisch beschrieben worden. Ohne Kurskorrektur würde das für ihn auf Dauer zum Problem. Als Minister ist Maas auf die Rückendeckung der Fraktionsexperten angewiesen. Die verzeichnen allerdings seit einiger Zeit eine Annäherung.

Was bleibt, ist die Enttäuschung jüngerer Sozialdemokraten über das gegenwärtige Verhältnis zu Russland. Wie Schmid sagte: Es werde weiter ein Dialog geführt, „in der Substanz“ bewege sich Moskau allerdings in den entscheidenden Fragen nicht. Einstweilen steht diese Kritik aber ein Stück weit zurück. Denn Voraussetzung für einen Erfolg – wissen erfahrene Wahlkämpfer – sind auch versöhnliche Töne untereinander.

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