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Spannend wird heute die erste Lesung zum Konjunkturpaket der Bundesregierung, die damit viele neue Schulden macht.

© Michael Kappeler/dpa

Morgenlage aus der Hauptstadt: FDP warnt vor Verschuldungsrisiko durch Konjunkturpaket

Heute Bundestagsdebatte über milliardenschweres Konjunkturpaket ++ Merkel erklärt EU-Ratspräsidentschaft ++ Kindesmissbrauch soll schärfer bestraft werden

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An diesem Freitagmorgen wird in erster Lesung diskutiert, was bei näherer Betrachtung atemberaubend ist. Könnte den Parlamentariern im Bundestag deshalb schwindelig werden, schließlich sind die Zahlen, um die es geht, extrem hoch: 130 Milliarden Euro soll das Konjunktur- und Zukunftspaket, wie es die Bundesregierung nennt, kosten.

Mit ihrem zweiten Nachtragshaushalt über 62,5 Milliarden Euro steigt die geplante Neuverschuldung auf 218,5 Milliarden Euro und überschreitet die im Grundgesetz verankerte Schuldengrenze um 118,7 Milliarden Euro. Ab 2023 sollen die Schulden über zwanzig Jahre abgebaut werden. Der Bundestag muss dem zustimmen. Tagesspiegel-Herausgeber Stephan-Andreas Casdorff hat dies hier kommentiert. FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke sagte der Morgenlage:

„Die Schuldenberge, die wir jetzt anhäufen, werden unsere Kinder und Enkel noch lange abtragen müssen. Vor allem aber dürfen wir uns nicht in falscher Sicherheit wiegen: Deutschland kann heute nur deshalb so entschieden auf die Corona-Folgen reagieren, weil wir wegen des Schuldenverzichts der letzten Jahre günstige Kredite bekommen. Mit jedem Kredit, den wir jetzt aufnehmen, steigt jedoch die Verschuldungsquote und damit letztlich auch das Zinsrisiko bei künftigen Krisen. Statt ein zweites Mal die Obergrenze der Schuldenbremse auszusetzen, sollte der Minister deshalb zuerst die bestehenden Rücklagen auflösen und vorhandene Gelder nutzen.“

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 Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Donnerstag in ihrer Regierungserklärung zur EU-Ratspräsidentschaft ab dem 1. Juli indirekt das eigene Konjunkturpaket verteidigt: „Wir dürfen nicht naiv sein!“ Die antidemokratischen Kräfte würden nur darauf warten, diese Krise auszunutzen und soziale Ängste zu schüren.

Als sich einige in der AfD-Fraktion räusperten, sagte sie unter Gelächter im Plenum: „Da scheint sich ja jemand angesprochen zu fühlen.“ Jedenfalls seien, so die Kanzlerin, „Zusammenhalt und Solidarität“ in Europa noch nie so wichtig gewesen. Mehr dazu hat Kollege Albrecht Meier an dieser Stelle notiert.

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Kein gutes Timing hatte die FDP mit ihrem Antrag, die epidemische Lage von nationaler Tragweite im Bundestag zu debattieren – und zu beenden. Die Zahl der Infizierten stieg gerade wieder wegen mehrerer neuer Hot Spots wie beim größten deutschen Schlachtbetrieb Tönnies, wo sich mehr als 700 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

Dennoch war die Debatte spannend: Am 25. März hatte der Bundestag zugestimmt, das Infektionsschutzgesetz für diese epidemische Lage zu nutzen – und damit Rechte des Parlaments an die Regierung abgegeben. Im Gesetz steht: Auf Verlangen des Bundestages oder des Bundesrates ist die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite unverzüglich aufzuheben.

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Bleibt die Frage: Wann wäre es denn soweit? Darüber gingen in der Debatte die Meinungen auseinander. Überforderung des Gesundheitssystems und Überforderung der Bundesländer sind ein Merkmal, um dieses Sonderrecht aufrechtzuerhalten. Die FDP argumentiert, dass etwa Bayern den Katastrophenfall aufgehoben habe und NRW seine landesweite epidemische Notlage Mitte Juni aufheben wolle.

„Von Überforderung kann keine Rede sein“, sagte der FDP-Abgeordnete Kuhle. Die SPD warf der FDP vor, sie missbrauche die Debatte für „billigen Populismus“. AfD und Linke zeigten Sympathie für den FDP-Antrag, die Grünen forderten einen Pandemierat, der diese Frage mitentscheide.

Immer wieder kommt es zu sexuellem Kindesmissbrauch in Deutschland, jetzt sollen Gesetze verschärft werden.
Immer wieder kommt es zu sexuellem Kindesmissbrauch in Deutschland, jetzt sollen Gesetze verschärft werden.

© Christophe Gateau/dpa

Unverhohlene Richterschelte betrieb in der Aktuellen Stunden zum Thema Kindesmissbrauch ausgerechnet Justizministerin Christine Lambrecht (SPD). Sie sieht Handlungsbedarf, weil, wie sie ausführte, nur bei 0,5 Prozent aller Verurteilten bei schweren Fällen der rechtliche Rahmen von zehn bis 15 Jahren überhaupt genutzt werde.

Seit Bekanntwerden eines erneuten Falles schweren Kindesmissbrauchs in Münster diskutiert die Koalition über härtere Strafen. Lambrecht (SPD) kündigte an, dass es in ihrem Gesetzentwurf keinen „minderschweren Fall“ von Missbrauch wie bisher mehr geben werde. Was wiederum Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) präventiv vorschwebt, hat Kollege Paul Starzmann hier ausgeschrieben.

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