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Markus Söder, Angela Merkel, Peter Tschentscher.

© Kay Nietfeld/Pool/AFP

Bund und Länder präzisieren Corona-Strategie: Mit Vorsicht und Umsicht schrittweise voran

Angela Merkel und die Ministerpräsidenten verständigen sich auf eine Linie für die kommenden Wochen: Wissenschaft soll weiter den Weg weisen.

Von Robert Birnbaum

Der Tonfall wird strenger. Angela Merkel spart zwar nicht mit Lob und Ermutigung. Viel erreicht worden sei in den letzten Wochen, sagt die Kanzlerin, dankt den Menschen, die sich an die Corona-Auflagen halten, und allen, die Konzepte für das Leben mit dem Virus erarbeiten. Aber die zentrale Botschaft des Zwischengipfels mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch ist ein deutlicher Dämpfer für alle, die auf rasche Lockerung setzen.

„Wir müssen vorsichtig auf die Gesamtlage blicken“, sagt Merkel. „Wir sind nicht stur, aber wir sind verantwortlich“, sagt Bayerns CSU-Regierungschef Markus Söder. Die Gefahren einer zweiten Welle, eines Rückschlags seien alles andere als gebannt. Wenn in einer Woche die nächsten Schritte beschlossen werden sollen, dann ist damit jetzt schon klar: Große Schritte werden das nicht.

Die Runde beschloss nur ein paar „kleinere, bereinigende Maßnahmen“, wie Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) formuliert. Die große Linie, die Merkel, Söder und Tschentscher verkünden, zielt aber nicht auf immer raschere Rückkehr zur gewohnten Normalität. Die große Linie folgt vielmehr exakt der Stellungnahme, mit der sich kurz vor dem Treffen alle vier großen deutschen Forschungsgesellschaften in die Corona-Debatte eingeschaltet hatten.

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Empfehlung der Institute

Die gemeinsame Empfehlung von Fraunhofer-, Helmholtz-, Leibniz- und Max-Planck-Gesellschaft lautet: Lieber noch für einige Zeit relativ strenge Beschränkungen hinnehmen und danach die Pandemie sicher beherrschen können - als jetzt zu früh zu viel Freiraum lassen und einen monate-, wenn nicht jahrelangen Drahtseilakt riskieren, bei dem ständig die Gefahr von Rückfällen besteht.

Die Zahl der neuen Infektionen müsse weiter sinken, sagt Merkel - bis zu dem Punkt, an dem die Gesundheitsämter jede einzelne Infektionskette verfolgen und stoppen können. Und das setze voraus, dass man immer erst weiter lockern könne, wenn man die Wirkungen der letzten Maßnahmen überblicke. „Wenn ich etwas nicht weiß, ist Vorsicht und Umsicht das, wo ich am wenigsten gefährde“, sagt die Kanzlerin. Am Ende werde das übrigens auch für die Wirtschaft der schnellste Weg zurück sein.

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Druck schafft Deutlichkeit

So deutlich haben die Kanzlerin und die Länderchefs ihre Strategie noch nie benannt. Die Deutlichkeit ist aber auch dem wachsenden Druck geschuldet. Söder ärgert sich dabei über „zum Teil etwas surreale Debatten“ im politischen Raum. Wenn Leute darüber räsonierten, „wie lange jemand leben soll“, finde er das nicht nur unangemessen, sondern einen schweren Rückfall in der Diskussion. Er habe ja Verständnis für alle, die forderten: „Macht mehr! Macht schneller!“ Aber es werde keine Experimente mit der Gesundheit der Menschen geben. „Besonnenheit statt Lobbyismus“ bleibe das Gebot.

Deutlich nimmt das Trio auch die wissenschaftlichen Ratgeber in Schutz. „Wissenschaftler sind Wissenschaftler und keine Hellseher“, sagt der gelernte Mediziner Tschentscher. Dass sie bei einem völlig unbekannten Virus nicht vom ersten Tag an alles wüssten, sei normal. Die Physikerin Merkel verwahrt sich gegen Versuche, Forscher zu diskreditieren, wenn sie von vorschnellen Lockerungen abraten: „Ich warne davor, den Bringer der Botschaft verantwortlich zu machen dafür, dass der Wunsch nicht erfüllt wird.“ 

Und auch Söder will auf Wissenschaftler nichts kommen lassen, wenn sie im Licht neuer Erkenntnisse ihre Ratschläge und Sichtweisen korrigieren: „Sogar Politiker sollen ab und an heute was anderes sagen als gestern“, merkt der CSU-Chef an. 

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