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Runterkommen. Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will jetzt wieder etwas netter zu Angela Merkel sein.

© dpa

Horst Seehofer und die CDU: Mit Macht gespielt

Horst Seehofer hat den Streit zwischen seiner CSU und der CDU ad acta gelegt – ein bisschen, erst mal. „Wir haben unser Hauptziel erreicht“, sagt er.

Von Robert Birnbaum

Sehr, sehr karg geht es zu im Heiligtum. Kein Baum, kein Strauch, kein Bach noch Berg ist zu sehen auf der großen Eisenbahnanlage, bloß blankes Sperrholz und Gleise und Angela Merkel am Bahnsteig von „Bonn Hauptbahnhof“. Zwanzig Jahre hat Horst Seehofer daheim im Keller an dem Märklin-Verhau gebaut, den der Journalist Reinhold Beckmann nun zum ersten Mal filmen durfte. Dass Merkel in der Playmobil-Version gerade am Gleis stehen darf, ist nicht selbstverständlich. Wenn’s gut laufe mit ihr, erzählt der CSU-Chef, sei die Kanzlerin Chefin seiner Anlage. „Wenn nicht so“ – Verweis aufs Fensterbrett.

Am Tag nach der ARD-Sendung sitzt Seehofer in der bayerischen Landesvertretung in Berlin. Man hat in den letzten Monaten ja den Eindruck haben können, dass er in die verbannte Plastikmerkel am liebsten auch noch jeden Abend Voodoo-Nadeln gerammt hätte. Kurz vor dem Aufbruch nach Berlin ist er am Dienstag eine weitere Spitze losgeworden: Die Absprache über Grenzsicherung, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit dem Landeskollegen Joachim Herrmann getroffen hatte, habe „das Ende der Willkommenskultur notariell besiegelt“.

Das ist nun eine relativ gewagte Deutung für die Zusage de Maizières, dass die Bundespolizei im nächsten halben Jahr die bayerisch-österreichische Grenze weiter so kontrolliert wie seit Monaten schon. Aber der Satz überdeckte die eigentliche Neuigkeit des Tages, dass die bayerische Staatsregierung ihre Verfassungsklage gegen Merkel fallenlässt, und erfüllt also seinen Zweck: Der Pulverdampf verhüllt die Rückzugsbewegung.

Am Mittwoch fällt die Deutung denn auch schon weit weniger offensiv aus. „Wir haben unser Hauptziel erreicht“, sagt Seehofer: Anders als de Maizière es einmal angedeutet hatte, fallen die Grenzkontrollen nicht schon heute wieder weg. Jetzt könne man in Ruhe an der „wirklichen“ Lösung der Flüchtlingsfrage arbeiten. „Für uns Bayern, die Partei, ist die wirkliche Lösung an den Außengrenzen“, sagt er. „Das ist die sauberste Lösung.“ – Also: Sicherung der Außengrenze und Verteilung der Flüchtlinge in Europa.

Hat man das nicht auch schon mal leicht anders gehört aus Bayern? Aber die aktuelle Berliner Version von Seehofer klingt ganz generell sanfter als die Münchner Ausgabe. War da zum Beispiel eine Drohung mit einem eigenen Bundestagswahlkampf ohne, ja gegen Merkel?

Ein Austritt aus der Fraktionsgemeinschaft sei kein Thema, sagt Seehofer

Ach, da hat er „in irgendeiner der unzähligen Sitzungen“ mal so was gesagt, aber doch nur für den Fall einer „absoluten Notsituation“, den er ganz und gar nicht anstrebe! Seehofer zieht einen Zettel hervor. Den, sagt er, habe er seinen Gremien vorgelesen, vier Punkte: Die CSU steht zur großen Koalition. Austritt aus der Regierung oder der Fraktionsgemeinschaft ist „kein Thema“. Personalfragen für die Bundestagswahl werden erst im nächsten Frühjahr festgelegt. Und: CDU und CSU werden in ihrer Klausur Ende Juni eine „gemeinsame Klammer“ für zehn große Zukunftsthemen suchen – von Zuwanderung bis Kulturpolitik. Um politisch wieder in die Vorhand zu kommen.

„Wir bemühen uns, und zwar ernsthaft“, versichert der CSU-Chef. Er wolle ja auch zurück zu den Zeiten, als er Merkel eine absolute Mehrheit bei der Bundestagswahl zutraute: „Das wäre schon schön.“

Nur, andererseits: „Wir machen das nicht um jeden Preis!“ Was er, bitte, doch mal sagen dürfe, ohne dass es wieder als Drohung falsch verstanden werde ...

Wahrscheinlich kann er nicht anders. In dem Porträtfilm mit der Eisenbahn hat Beckmann Seehofers Frau gefragt, wie er so drauf ist daheim. Sie hat erzählt, dass er ungeduldiger geworden sei, sich zu Hause durchsetzen wolle wie in der Politik, und dass sie ihm dann sagt, er soll erst mal runterkommen.

Wenn man das jetzt nicht schon wieder falsch versteht, scheint ihm die eigene Partei gerade so etwas Ähnliches mitgeteilt zu haben. Bei den internen Treffen mit der Basis, berichtet Seehofer, habe es durchweg einen übergroßen Wunsch gegeben: Diese Wellenschläge, die müssten aufhören. „Kein Streit“, sagt Seehofer, „Harmonie!“ – Nur, wie erwähnt, nicht um jeden Preis.

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