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Milliardengrab Flughafen: Mit der BER-Eröffnung wird ein Offenbarungseid fällig

Schon vor Corona war die Flughafengesellschaft finanziell am Ende. Die Gesellschafter sollten nicht einfach neues Geld überweisen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Thorsten Metzner

Das kann nicht wahr sein! Der Ausruf drängt sich auf, obwohl man von dieser Baustelle wahrlich allerhand gewöhnt ist. Dem neuen Airport für Berlin und Brandenburg BER droht die Pleite – ausgerechnet jetzt, wo er am 31. Oktober 2020 endlich in Betrieb gehen kann. 

Ein Vierteljahrhundert nach der politischen Grundsteinlegung 1996, fast ein Jahrzehnt nach dem Skandalcrash von 2012. Und obwohl Engelbert Lütke Daldrup als Chef ein Problem nach dem anderen – Tüv, Abnahme, Probebetrieb – abgeräumt hat. Trotzdem wird das nahe Happy End inzwischen von Hiobsbotschaften über das Finanzdebakel begleitet. 

Der aktuelle Einschlag: Wenn der Steuerzahler nicht sofort 300 Millionen Euro überweist, wäre die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) schon im Oktober insolvent. Corona-Opfer BER?

Die Pandemie sei schuld, vor allem die, so lautet das offizielle Narrativ. Auch die Bundesregierung begründet so, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags jetzt sehr schnell Geld für die FBB durchwinken soll, obwohl es kein Beihilfe-Okay aus Brüssel gibt. Und es trifft ja zu, dass der Einbruch im Weltluftverkehr auch tiefe Löcher in die Kassen der Berliner Flughäfen reißt.

Trotzdem ist das nur die halbe Wahrheit und eine geschönte dazu, wie schon so oft bei diesem Skandalbau von Schönefeld, in dem die Milliarden versandeten. Jetzt also allein noch mal 300 Millionen Euro für 2020? Das wären drei Viertel des Jahresumsatzes, obwohl die FBB Kurzarbeitergeld bezieht. Und 2021 dann die nächste halbe Milliarde?

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Schon die Summen sind nicht nachvollziehbar. Von einer solchen Vollkasko-Erstattung können normale Firmen in Corona-Zeiten nur träumen. Nebenbei: Wenn die schon vorher in finanzieller Schieflage waren, zahlt der Staat nicht. Und die Flughafengesellschaft war schon vor der Coronakrise ein Sanierungsfall. Hoch defizitär, bis ans Limit verschuldet, vor allem nach dem teuren Missmanagement seit 2012. 

Mit der BER-Eröffnung wird der Offenbarungseid, so oder so, fällig. Ohne Corona hätte es dann vermutlich geheißen: dass die FBB geliefert und die Hauptstadtregion ja endlich einen neuen Flughafen habe, der leider mehr als sonst zwei Flughäfen kostete, aber der Steuerzahler trotzdem noch ein paar Jahre weiter überweisen müsse. Mindestens eine Milliarde bis 2024. Jetzt, mit Corona, potenziert sich das, werden alle Grenzen gesprengt, hat Chefaufseher Rainer Bretschneider jüngst das Ziel der schwarzen Null für 2024 kassiert.

Regierungen Berlins und Brandenburgs müssen reinen Tisch machen

Ein Schrecken ohne Ende? Bleibt den Parlamenten nichts als der Dauerauftrag, weiter Milliarden zu bewilligen, nun für den eröffneten BER, während die öffentlichen Haushalte ans Limit geraten, überall Geld fehlt?

Nein! Es ist überfällig, dass der Flughafen und seine Eigner, also die Regierungen Berlins und Brandenburgs und der Bund, reinen Tisch machen, wie verfahren die Lage wirklich ist, anders als in Brandenburg 2019 diesmal ohne Rücksicht auf Wahlen, in Berlin und im Bund. 

Brüssel wird, wie schon die aktuellen Bedenken zeigen, weitere Beihilfen für den BER nicht einfach durchwinken. Es kann, so oder so, keine Tabus mehr geben. Man wird aus blanker Not alles prüfen müssen, ob den Einstieg eines Investors, also eine Teilprivatisierung, einen Verzicht auf die Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen in Milliardenhöhe, ja selbst eine geordnete Insolvenz. Das darf alles nicht wahr sein. Ist es aber.

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