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Der Restaurantbesuch ist an strengere Regeln geknüpft.

© imago images/NurPhoto

Mit 2G Plus gegen Omikron: Was ist schon „ausreichend“? Die Politik steckt in einem Dilemma

Nach fast zwei Jahren ist klar: Alle Fragen sind erst dann geklärt, wenn es zum Handeln zu spät ist. So ist es auch mit der Impfpflicht-Debatte. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sascha Karberg

Was ist „angemessen“, was ist „ausreichend“, was ist „geboten“? Das Dilemma der Ampel-Regierung, der Opposition, der Ministerpräsident:innen aber auch des Covid-Expertenrates ist, dass niemand mit absoluter Sicherheit sagen kann, welche Maßnahmen mit welcher „Härte“ die sogenannte Omikron-Wand zu einer flachen Welle verzögern können, so dass die Lage in den Krankenhäusern stabil bleibt und die Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken die wahrscheinlich steigende Zahl der Covid-Kranken verkraften können.

Nun hat wieder eine Bund-Länder- Runde getagt, und Beschlüsse wurden verkündet. Jede einzelne der Entscheidungen ist kritisierbar, aber zu bedenken ist auch, dass an jedem Tag, an dem keine Entscheidung getroffen und umgesetzt wird, Omikron an Fahrt gewinnt.

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Ob die neuen „2G-Plus“-Regeln, nach denen auch doppelt Geimpfte und Genesene nur mit Test ins Restaurant dürfen, ausreichen, oder ob sie nicht besser sogar für Drittgeimpfte gelten sollten, oder ob die Lokale komplett schließen müssten, damit es zu weniger Kontakten, weniger Infektionen und weniger schweren Covid-Fällen kommt, weiß niemand mit Sicherheit.

Zum Handeln zu spät?

Eigentlich ist nur klar – jedenfalls konnte man das in den nunmehr fast zwei Corona-Jahren lernen –, dass alle Fragen erst geklärt sind, wenn es zum Handeln zu spät ist. So ist es auch mit der neuen Debatte um die Impfpflicht.

Wenn noch länger darüber diskutiert wird, ob sie wirklich unbedingt nötig ist, und wie sehr die alten Impfstoffe auch gegen neue Varianten schützen und so weiter, dann vergeht dabei kostbare Zeit. Die ersehnte entspanntere Situation mit einer hohen Impfquote und nur noch wenigen schwer Covid-Erkrankten rückt in weitere Ferne als nötig.

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Die aktuelle und die vorige Regierung unterscheiden sich in einem nicht: Beide suggerieren, man könne die Eingriffstiefe der Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung perfekt an die vom Virus gegebenen Notwendigkeiten anpassen. Motto: Wird nur gut genug und möglichst wochenlang darüber diskutiert, werden sich schon Maßnahmen finden, die sowohl Restaurant- und Hotelbetreiber, als auch Mediziner und Pfleger gleichermaßen entlasten.

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Aber das Virus, ob nun die aktuelle, hochansteckende Omikron-Variante oder eine nächste, gibt den Entscheidern weder Zeit für lange Überlegungen, noch die Sicherheit, dass die getroffenen Maßnahmen ausreichen, um den Klinik-Kollaps und die damit verbundenen unnötigen Todesfälle durch Covid-19 und andere unbehandelte Krankheiten zu verhindern.

Messerscharfe Analyse

Der oft zitierte Rat des Leiters des Notfallprogramms der WHO, Mike Ryan, an Regierungen, in der Pandemie „schnell und ohne Reue“ zu agieren, ist zugleich eine messerscharfe Analyse des Problems, vor das die Pandemie politische Entscheider stellt.

Wer den kompletten Lockdown verordnet, wer wie Australien, Neuseeland, Taiwan und Teile Asiens eine No-Covid-Strategie durchhält, bricht Wellen und Wände, muss aber mit den politischen Folgen rechnen, die wirtschaftliche Einbußen und zerstörte Existenzen mit sich bringen. Bei der nächsten Wahl kann das durchaus zu Reue-Gefühlen führen.

Das abzuwägen ist nicht allein durch den politischen Überlebenswillen von Regierungen motiviert, es spiegelt die Pluralität von Meinungen und Strategien und den schwierigen Entscheidungsprozessen in demokratischen Ländern wider.

Genau darin liegt aber auch eine Chance: Selbst entschlossene Maßnahmen, wie etwa ein von manchen Forschenden geforderter kurzer, aber harter Lockdown oder eine konsequente Impfpflicht können von der Mehrheit der Bevölkerung als starke, wichtige und richtige Entscheidungen anerkannt werden. Jedenfalls dann, wenn den Menschen bewusst ist oder bewusst gemacht wird, dass die Maßnahmen dem Schutz aller gelten.

Aber dazu müssen sie rechtzeitig auf den Weg gebracht werden – und vor allem: ausreichend wirksam sein.

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