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Demonstration für einen besseren Klimaschutz in Potsdam.

© Julian Stähle, dpa

Milliarden für die Umwelt: Grüne fordern einen Klimafonds

Die Partei will alle Kosten aus diesem Topf finanzieren: höhere Deiche, neue Stromnetze, andere Wälder.

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Die Grünen stellen zur Bekämpfung der Klimakrise jetzt konkrete Forderungen: Sie wollen einen milliardenschweren Staatsfonds einrichten, um Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren: „Die Klimakosten müssen künftig gebündelt werden – vom Bau über Umwelt und Wirtschaft bis hin zum Verkehr“, sagte Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der „Bild am Sonntag“: „Wir müssen transparent machen, was die Kosten sind, wenn wir nichts tun, und wie wir die Vorbeugung finanzieren.“

Klimaforscher schätzen, dass Investitionen in klimafreundliche Infrastruktur und Maßnahmen einen dreistelligen Milliardenbetrag kosten werden. „Das geht von neuen Stromleitungen über höhere Dämme gegen die Sturmfluten bis hin zur Umforstung der Wälder“, sagte Göring-Eckardt. Wo das Geld herkommen soll, ließ sie offen – Bund und Länder haben durch die Schuldenbremse nur noch sehr begrenzte Spielräume. „Wir werden in den kommenden Wochen ein umfassendes Konzept erarbeiten und auch die Finanzierungsfrage darlegen.“ „Allein die Strafzahlungen an die EU für das Verfehlen der Klimaziele werden für die nächsten zehn Jahre auf bis zu 60 Milliarden Euro geschätzt“, meinte Göring-Eckardt. Bisher deutet noch nichts auf so eine hohe Summe hin: Die Bundesregierung sieht für die Jahre 2020 bis 2022 Ausgaben von 100 Millionen Euro für EU-Ausgleichszahlungen vor – insgesamt also 300 Millionen für das Verfehlen der Klimaziele bis zum Jahr 2020.

Nach einer scharfen Attacke gegen die Vernichtung von Retouren beim Onlinehändler Amazon und der Forderung, jährlich zusätzlich 100.000 bezahlbare Wohnungen zu schaffen und 100.000 Dachgeschosse auszubauen sowie einem Programm gegen Kinderarmut, ist dies der nächste Aufschlag der in Umfragen auf 27 Prozent enteilten Partei.

Bundesregierung: Deutschland bis 2050 klimaneutral

Kurz vor dem nächsten EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel stellt sich aber nun auch Deutschland hinter das Ziel einer klimaneutralen EU bis 2050. Das gehe aus der Rückäußerung Deutschlands für den Rat hervor, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Eine entsprechende Langfriststrategie solle spätestens 2020 verabschiedet werden – Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich zunächst skeptisch zu dieser Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gezeigt, dann aber Unterstützung in Aussicht gestellt. Klimaneutral bedeutet nicht, dass keine Treibhausgase mehr ausgestoßen werden – diese müssen aber kompensiert werden, etwa mit Aufforstung und der Schaffung neuer CO2-Speicher oder durch das unterirdische CO2-Verpressen.

Mit ihrem Klimafonds-Vorschlag ziehen die Grünen ein bisher vor allem ein von den Vereinten Nationen verfolgtes Projekt auch auf die nationale Ebene: Im Jahr 2010 gründeten 194 Staaten auf der UN-Klimakonferenz in Cancun den „Grünen Klimafonds“ (GCF), der Entwicklungs- und Schwellenländern helfen soll, sich vor den Folgen der Klimaerwärmung zu schützen. Füllen sollen den Fonds vor allem die reichen Industriestaaten. Sie haben versprochen, ihre Einzahlungen bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr aus staatlichen und privatwirtschaftlichen Quellen anzuheben. Bis Januar 2019 gab es allerdings erst Zusagen über 10,3 Milliarden US-Dollar für den Fonds, der bereits konkrete Klimaschutzprojekte finanziert.

Dass die Staaten ihr vollmundiges 100-Milliarden-Versprechen einhalten, gilt als unwahrscheinlich - nicht zuletzt, weil US-Präsident Donald Trump sich nicht an die Finanzzusagen seines Vorgängers Barack Obama gebunden fühlt.

Im Salomonen-Archipel sind zuletzt bereits erste – unbewohnte Inseln – vom Meer überspült worden. Mit ihrem Vorschlag zu einem nationalen Klimaschutzfonds sprechen die Grünen als erste Partei in Deutschland aus, dass auch hier es schlimmer kommen könnte als gedacht – besonders durch Extremwetterphänomene. Die große Koalition will bis zum Herbst ein Paket, auch zur Finanzierung vorlegen. Der Handlungsdruck ist nicht zuletzt dadurch gewachsen, dass das Thema Klimaschutz zur größten Sorge vieler Bürger, vor allem junger Leute, geworden ist. Neben mehr erneuerbaren Energien ist bereits verabredet, die letzten Kohlekraftwerke 2038 stillzulegen.

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