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Mario Czaja hatte im Parlament gegen die CDU-Linie zu den Taurus-Lieferungen gestimmt.

© Foto: ANNEGRET HILSE/REUTERS

„Meine Partei sollte auf die Erfahrungen des Ostens hören“: Warum CDU-Politiker Mario Czaja gegen Taurus stimmte

Der Berliner CDU-Abgeordnete stimmte im Bundestag gegen die Waffenlieferungen. Warum Mario Czaja so entschied und was er seiner Partei im Umgang mit dem Thema Ukraine-Krieg rät.

Herr Czaja, Sie gehörten neben Jens Koeppen (CDU) und Emmi Zeulner (CSU) zu den drei Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, die gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gestimmt haben. Was waren Ihre Beweggründe?
Ich kann und konnte meine Zustimmung zur Taurus-Lieferung nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Das war übrigens nicht das erste Mal, dass ich dagegen gestimmt habe. Ich hatte das in den beiden Abstimmungen in den letzten Wochen auch zum Ausdruck gebracht, dass ich es für nicht verantwortbar halte, der Ukraine eine Angriffswaffe zu liefern, die den Krieg weiter eskalieren lassen könnte und die mit bis zu 500 Kilometer Reichweite dazu geeignet ist, auf russischem Boden zivile Opfer zu verursachen.

Hat es Ihre Entscheidung beeinflusst, dass in Marzahn-Hellersdorf viele Russlanddeutsche unter Ihren Wählern sind?
Nein. Bei den Leopard-Panzern habe ich damals für die Lieferungen gestimmt, weil sie unmittelbar der Verteidigung des Landes dienen. Denn die Ukraine muss alle Unterstützung haben, um ihre Souveränität zu verteidigen. Ich frage Sie: Wenn man nicht bei Themen wie Krieg und Frieden als Abgeordneter nach seinem freien Gewissen abstimmen darf, wann dann? Die Debatten um Krieg und Frieden eignen sich nicht, um daraus parteipolitischen Profit zu schlagen.

Wie war die Reaktion aus Ihrer Partei, als sie bekannt gaben, gegen die Fraktionslinie der Union zu stimmen?
Ich habe den festen Eindruck, dass es dafür in meiner Fraktion breites Verständnis gibt. In der Taurus-Debatte wurden leider viele unterschiedliche Spaltpilze gesetzt. Das halte ich nicht für gut. Dabei ist es doch beeindruckend, dass die Deutschen weiterhin so zahlreich hinter der Unterstützung der Ukraine stehen – bei Verteidigung wie bei humanitärer Hilfe. In den großen außenpolitischen Themen sollten wir deshalb nicht das Trennende, sondern das Verbindende suchen.

400.000
Ostdeutsche haben in der Sowjetunion gearbeitet oder studiert

Die CDU/CSU-Fraktion wollte die Kollegen und Kolleginnen aus den Ampelparteien mehrmals mit einer namentlichen Abstimmung zu Taurus vorführen. Nun scheint es, als überdenken einige diesen Kurs. Was raten Sie der CDU?
Meine Partei sollte stärker auf die Erfahrungen des Ostens hören. Denn es ist doch nun einmal die Volksgruppe in unserem Land, die im besonderen Maße Erfahrungen hat mit der früheren Sowjetunion und dem heutigen Russland. Fast 400.000 Menschen in Ostdeutschland haben in den Staaten der Sowjetunion studiert und gearbeitet. Da bestehen persönliche Bindungen, da ist fachlicher Sachverstand vorhanden.

Parteiübergreifend kenne ich keinen ostdeutschen Ministerpräsidenten, der diese Lieferung unterstützt. Ich kann als Abgeordneter der CDU/CSU-Fraktion daher nur empfehlen, bei diesem wichtigen Thema verbindenden Dinge zwischen den Parteien des demokratischen Spektrums zu suchen und nicht Dinge, die uns voneinander trennen.

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